La Rochelle – Aviles

Royan

Dienstag, 27. September 22

Nun sitze ich hier in Royan und das Wetter hält sich an die Prognosen. Pünktlich gestern Mittag kam der W 6-7, abends dann der Regen. In der Nacht wurde es ruhiger, nur die Dünnung war leicht im Hafen zu spüren. Heute Abend soll es mit dem Regen weitergehen und ab Mittag soll auch der Wind wieder auf von 5 Bft und in der kommenden Nacht auf 7 Bft zunehmen. Morgen am Mittwoch dann den ganzen Tag.

Offensichtlich alles richtiggemacht, ich habe mich ja auch furchtbar beeilt, hierher zu kommen. Es ist hier allemal schöner als in La Rochelle, zumindest was die Umgebung des Hafens angeht. Der Blick auf die Biskaya ist einmalig.

Die Küste nach Süden, gerade mal kein Sonnenschein

Altes SNSM-Haus, nicht gerade im guten Zustand, aber die südliche Bauweise ist unübersehbar: flaches Dach mit hellen Schindeln

Diese Restaurant- und Shoppingmeilen am Hafen kenne ich auch nur aus Portugal

Mit der großen Persenning habe ich meinen Lebensraum an Bord erweitert, Regen stört dann nicht mehr so. Das Wetter soll sich bis zum nächsten Wochenende kaum ändern. Erst nächste Woche ist wieder leichter Ostwind und geringe Dünung bis 1 m angesagt. Mein Weg nach Spanien!

So langsam trifft man auch wieder auf die Segelfreaks, diejenigen, die das Unterwegssein als Lebensphilosophie sehen. Ab Südbretagne bis hier zur Mündung der Gironde haben sie sich entweder versteckt oder einen Bogen um dieses Revier gemacht. Segeln wird dort in dem Revier dominiert von Ferien- und Wochenendseglern und dem Regattazirkus. Jetzt fühle ich mehr zuhause.

Am Sonntag hatte ich auf dem Weg nach Süden das Gefühl, das ich eine unsichtbare Grenze überfahren habe. Vor La Rochelle war das Meer voller Boote, etwa auf dem halben Weg hinter der Ile d’Oleron drehten sie alle um. Bis auf ein paar Fischer war ich der einzige, der hier noch unterwegs war.

Die Enge an der Südspitze der Ile d‘Oleron zu passieren, war auch ein navigatorisches Abenteuer, insbesondere die Durchfahrt nach See. Es ist ein sehr flaches Revier, indem die „Stangenfischer“ auf jeder Sandbank wohl Muschel- und Austernzucht betreiben. Alle Sandbänke sind voll mit Stangen, deswegen nenne ich sie Stangenfischer. Also auf Sandbänke aufzulaufen ist so unmöglich. Aber die zwei Rinnen bis zur Brücke sind kaum betonnt, sieht man einmal von Stangen mit Toppzeichen ab. Mit gutem Echolot – habe ich jetzt ja wieder – und Plotter muss man sich zuweilen den Weg suchen. Nur einmal war es 2m flach, ansonsten immer 4 bis 8 Meter.

Aber der Weg zur See war nun die Härte. An der Nordsee wird dieser Ausgang ja Seegatt genannt. Sie nennen dies profan Passage und sie haben Tonnen ausgelegt. Zu der betonnten Rinne muss man vertrauen haben, denn nach Tiefenangaben meiner Seekarten geht es geradewegs über Sandbänke, aber selten hatte ich weniger als 8 m. Die eigentliche Rinne, die ich erwartet hätte, war nicht bezeichnet. Es geht hier immerhin 1,5 m Dünung und die bricht gewaltig, wie ich sehen konnte.

Auf See in gut einer Seemeile Abstand vom Land war wieder alles gut, nur die Dünung schaukelt einen leicht, bei einer Wassertiefe von 15 m. Mit Ausnahme von ein paar Böen war mal wieder null Wind, gut, dass ich jetzt immer genug Benzin dabei habe.

Donostia – San Sebastian

Freitag 7. Oktober 22

Gestern nun habe ich Spanien erreicht, dabei um ca. 13 Uhr querab vom Cabo Higuer die Grenze überschritten. Nun bin ich hier in San Sebastian, denke und fühle nur, Wahnsinn. Anfang des Jahres habe ich noch nicht daran geglaubt, mit meiner kleinen amica so weit zu kommen. Extrem ist die bereits zurückgelegte Strecke bei 6 m Wasserlinielänge. Hier tauche ich in eine ganz andere Welt ein, nicht nur sprachlich – ich lerne eifrig – sondern insbesondere kulturell-historisch.

Aber wieder einmal der Reihe nach. In Royan habe ich eine Pause von 8 Tagen eingelegt und die habe ich für Reparaturen genutzt. Technisch musste ich ja nachrüsten und alles will auch angebaut sein. Die naturlackierten Flächen werde ich wohl öfters anschleifen und lackieren müssen. Die Sonne bricht den Lack auf. Mein Photovoltaikpaneel hat sich schon länger verabschiedet und nach längeren Recherchen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass mein Paneel nur für nordische Breiten geeignet war. Auch hier, so denke ich, hat UV-Einstrahlung und extreme Hitze zu Brüchen in den Zellen geführt. Es gibt ja speziell für diese Breiten bessere Paneele. Gut, habe ich nicht und so musste ich rechnen, wieviel Stromverbrauch an welchen Verbrauchern denn erlaubt ist, damit meine Batterie eine lange Nachttour (min. 12 Stunden) durchhält. Jedenfalls geht es nicht, die ganze Zeit (ca. 24 – 26 Stunden) meinen Autopiloten laufen zu lassen. Maximal sind da summiert 8 Stunden möglich, dazu muss ich den Plotter in seiner Helligkeit maximal beschränken.

Dann habe ich die Zeit genutzt, um mich noch einmal meiner Entscheidung zu versichern, 130 sm in einem Stück zu fahren. Auf der Strecke liegt ja nur die Bucht von Arcachon und Capbreton. In dieser Woche mit etlichen windigen Tagen waren nach marinetraffic.com am gesamten Küstenabschnitt nur Fischer unterwegs, südlich von Arcachon noch nicht einmal diese. Gesegelt wurde in der Bucht von Arcachon, aber nicht im Mündungsbereich. Ich gebe nun nicht viel auf Badnews oder weniger Badnews, ich will verstehen, was da los ist. Über die Atlantikdünung braucht man nicht reden, die geht immer, und im Herbst und Winter noch höher. Die Sandbänke wandern permanent, so wie bei uns an der Nordsee, ebenso durch große See verursacht. So kann ich auch verstehen, dass das beste Einfahrtsfenster zwei Stunden vor Hochwasser bei geringer See und Springtide sein soll. Also im Prinzip alle zwei Wochen einmal, wenn dann die anderen Faktoren stimmen. Es gibt eine mager betonnte Rinne, die selbst Fischer nicht benutzen, denn die kennen ihre Wege.

Das Problem Capbreton ist etwas anders gelagert. Zwar spielt auch hier wieder der Sand eine entscheidende Rolle, doch kommt das Entstehen nur einer Sandbank wohl anders zu Stande. Es gibt in der Biskaya den Gouf de Capbreton, einen 800 m tiefen Unterwassercanyon, der bis kurz vor die Einfahrt reicht. Zwei Seemeilen vor der Einfahrt sind da immer noch 100 m, das lässt extrem Wellen entstehen, nicht umsonst ist Capbreton auch ein Wellensurferhotspot. Die einzige Sandbank hat sich genau in die Einfahrt verschoben. Bei Nipphochwasser stehen da gerade einmal 3 m Wasser, die Dünung wird unweigerlich brechen. Daran können sich meinetwegen Einheimische erproben, es ist nichts für mich.

Amica hat ihr „Zelt“ bekommen, damit ich in Ruhe arbeiten kann

Von der Dünung bei durchaus 7 Bft war hier in der Gironde nicht viel zu sehen.

Am Montag, den 3. Oktober hat sich wieder sommerliches ruhiges Wetter eingestellt. Das war ein Geburtstaggeschenk an mich, denn ab heute bin ich 68 Jahre alt. Immer wenn ich gefragt werde, wie es mir denn geht, kann ich antworten, physisch ist alles in Ordnung. Zwar brauche ich zuweilen 2 Tage Erholung, aber das geht schon in Ordnung. Mental ist die Frage schon komplizierter zu beantworten. Einerseits muss man schon ein wenig verrückt sein, im Sinne wie, irgendwie vom anderen Stern. Wer mutet sich freiwillig schon so etwas zu. Dazu muss man sicher die Liebe zur See und zum anderen Leben verstehen. Doch ebenso wächst man mental an den Erlebnissen. Im Prinzip müsste die Antwort lauten: schon ein wenig komisch.

Um die Dauer meiner Fahrt nach Süden zu begrenzen, habe ich mir vorgenommen, permanent mit mindestens 5 kn zu fahren, also unter Motor, weil der Wind wie gewünscht schwach umlaufend sein soll. Abgelegt um 11 Uhr war das Ziel, am nächsten Tag bis Mittag in Anglet zu sein. Im Hafenbüro habe ich dann erfahren, warum südlich von Arcachon keiner unterwegs ist. Die schießen gerade in ihrer Zone d’exercice de tir. Doch auch Soldaten gehen schlafen, die Schießzeiten lagen zwischen 11 Uhr bis 17 Uhr. Nachts ist da nichts los, also perfekt für eine Nachttour.

Letzte Bilder vom 3. Oktober:

Die Spitze vom Medoc

Wirklich große Dünung am Ausgang der Gironde nach Südwest

Die Nacht setzte pünktlich mit Sonnenuntergang um 8 Uhr ein, keine lange Dämmerung, ruckzuck, es war dunkel. Was ist über die Nacht zu berichten:

  • Ich hatte eine schwedische Segelyacht als Kursmacher vor der Nase, auf dem Plotter immer ein paar Meilen voraus zu erkennen.
  • Von 17 Uhr bis 23 Uhr kam ein nördlicher Wind auf. Das machte das Fahren recht unangenehm, so mit Dünung von West und Windsee von Nord. Deshalb habe ich einen Segelversuch gegen 19 Uhr beendet, immer so kurz vor der Halse, im Dunkeln geht das gar nicht.
  • Von der Cap Ferret Central wurde man nachts betreut. So gegen 22 Uhr der erste UKW-Ruf mit den Fragen, wohin, woher, wieviel Personen an Bord. Der Ruf kam aber nicht in Kurzform, sondern mit viel Text, sodass ich anfangs gar nicht verstanden habe, dass ich gemeint bin. Dann noch einmal gegen 1 Uhr mit der Info, dass vor mir ein Fahrzeug vor Anker liegt. So ist das, wenn man sein AIS-Transponder laufen lässt.
  • Vorbeiflitzende Reusenfähnchen
  • Viel Kieferngeruch vom Land
  • Zwischendurch mal etwas Chemie in der Nase, aber gesehen habe ich ja nur den Mond und die Sterne

Gegen Morgen musste sich dann noch einmal dicker Nebel mit Sichtweiten von unter 50 m einstellen. Ich wollte doch endlich einmal mehr sehen als meine Instrumente. Kurz vor Capbreton dann ein Telefonat nach Hause, dort wurde ich ja die ganze Zeit über marinetraffic.com verfolgt. Querab von Capbreton habe ich fast ein Angelboot überfahren. Das lag da einfach ohne jegliche Signalzeichen, weder AIS, noch Lichter oder Schallsignale. Und sie winkten mir noch freundlich zu. Da muss man ein Vertrauen in die Wahrscheinlichkeit habe, es trifft mich schon keiner. Auf dem Plotter konnte ich vor der Einfahrt von Capbreton eine Segelyacht erkennen, die da stundenlang ihre Kreise zog. Ich weiß nicht, ob sie es noch geschafft hat, die schwierige Einfahrt bei genügt Wasser zu meistern.

Der Fluss Adour nach Bayonne hat große Molen in der Einfahrt, jedenfalls erscheint das bei Nebel so. Da habe ich mich echt verjagt, so kurz davor. Jetzt wusste ich auch, warum die schwedische Segelyacht so merkwürdig langsam Kreise zog.

15 Minuten später konnte ich in Anglet festmachen und das nach nur 24,5 Stunden.

Ein Kurzschlaf am Tag und in der Nacht dann 12 Stunden, ich fühlte mich fast schon wieder fit. Doch lieber noch einen Tag mehr Pause machen, das Wetter soll ja bleiben. So habe ich dann die ersten baskischen Erscheinungen registrieren können.

Baskische Flaggen in verschiedenster Funktion

Mal unter der Nationalen gesetzt

Mal demonstrativ unter der Saling, etwas übertrieben

Und auch am Flaggenmast des örtlichen Yachtklubs

Und ein Bezug zur ETA an der Mole

Der Blick nach Biarritz

Und ja, die Atlantikdünung ist zum Wellensurfen da

Im Verfall befindliche Molen, die ich im Nebel so nicht gesehen habe

Die 25 Seemeilen nach Donostia-San Sebastian waren ein Erlebnis besonderer Art. Nicht die nervige Dünung, die gegen Ende der Tour immer höher und kreuzweise lief, nein, auf einmal waren der mehr als Felsen: Berge

Noch im Dunst

Schon deutlich

Da hinter dem kleinen Hügel liegt der Hafen. Diesen Hügel werde ich mir für eine erste Gipfeltour vornehmen, am Anfang sind 200 m genug.

Getxo (Bilbao)

Donnerstag, 13. Oktober 22

Es waren ein paar schöne und interessante Tage in Donostia-San Sebastian. Ich habe bewusst diese Pause gemacht, um so langsam in Spanien anzukommen. Man muss ja auch einmal etwas anschauen und davon gab es genug.

amica im Baskenland

Zunächst war ich auf dem Monte Urgull, der war aber nur 137 m hoch und ich schaffte den Aufstieg in 20 Minuten. Aber immerhin ein Auf- und ein Abstieg.

Dann hat die Altstadt viele schmale und bunte Gassen.

mit kleinen Läden, die hier Eroski heißen

Tapa-Bars mit Schinken an der Decke

Demos gab es auch und manchmal bleiben Plakate hängen

Einen Tag gab es mehr als 2 m Dünung, trotzdem kann man hier ruhig auslaufen.

auch wenn die hohe Dünung links und rechts an den Felsen bricht

Dabei gibt es eine friedliche Bucht und erstmals einen Blick auf Berge im Hinterland

Am nächsten Tag machte ich mich bei Regenwetter wieder auf dem Weg und es war ein düsterer Weg. Die Küste lag im Dunst und als Nordküste immer im Schatten oder mangelndem Licht.

Darkcoast bei Mutriku

Einfahrt bei Mutriku

Tres Nudos und auf Baskisch 3 Korapilo

Hafenbilder, digital aufgehellt

Am nächsten Morgen war der Regen immer noch da und so langsam fragte ich mich, wie man das hier ohne Sonne aushalten kann. Den ganzen Tag ist es dunkel.

Bermeo hat ein schickes Hafenpanorama.

Aber auch hier wie in den letzten Häfen machte sich der Winter bemerkbar. Pontons wurden außer Betrieb genommen, Internet abgeschaltet und mit der Stromversorgung klappte es auch nicht mehr. In Bermeo kam ich nicht einmal an Land, ich lag in einem privatem Angler- und Fischerhafen, bei dem alles abgeschlossen war. Deshalb fuhr ich gleich um 9 Uhr morgens weiter und die letzten 2 Stunden nach Getxo konnte ich sogar segeln, mit den ersten Andeutungen von Sonnenschein. Der soll jetzt ja wieder öfters zu sehen sein. Und vielleicht klappt es mit dem Segeln dann besser.

Ich schreibe hier immer Getxo, weil der Ort einfach so heißt. Bilbao ist gut 5 km entfernt, dahin kann man mit der Metro fahren, wenn man denn will, ich nicht. Einen Tag Pause, Wäsche waschen, einkaufen und tanken, dann geht es weiter nach Westen. Ach ja, ein paar Bilder werde ich noch machen.

Und hier sind sie.

Ich war ja nur zwei Tage in Gexto, aber diesen Weg zum Einkaufen bin ich viermal gelaufen.

Die einzige schöne Ecke.

Die Sonne hat es nicht geschafft, den Dunst zu vertreiben.

Da es hier mir mit knapp 29 € pro Tag etwas zu teuer wurde, konnte ich auch nicht mehr anschauen. Am Freitag ging es weiter nach Laredo in Cantabrien, nicht in Texas.

Ribadesella

Dienstag, 1. November 22

Der heutige Tag ist für mich ein ungewöhnlicher Zeitpunkt, um über das Segeln zu schreiben. Im November lag amica immer hoch und trocken an Land. Ich muss mich noch daran gewöhnen, den Winter an Bord zu verbringen. Doch auch hier hat der Herbst Einzug gehalten, zwar liegen die Temperaturen immer noch bei 18 Grad bis 20 Grad und das bleibt auch noch so, nur nachts wird es jetzt ziemlich kühl. Das legt sicherlich an den Bergen, denn die Wassertemperaturen sind mit 18 Grad recht angenehm. Die Tageslänge ist zudem erheblich kürzer geworden, gerade einmal 10 Stunden.

Zum Wetter: Zunächst gab es 14 Tage lang eine kräftige Südströmung, die viel Regen in Portugal, Galizien und Zentralspanien gebracht hat. Die wurde von einem stationären Tief weit vor der portugiesischen Westküste verursacht, das einfach nicht weiterzog. An der Westküste gab es permanent 5 – 8 Bft aus Süd mit entsprechenden Wellen. Hier an der Nordseite der Pyrenäen kommt kein Regen an, nur trockener Fön, der mitunter sehr böig ist. Windvorhersagen sehen hier manchmal so aus, Wind Süd 2-3 Bft, mit Böen 8 Bft. Das habe ich in Laredo so erlebt und später auch in Santander mit gemessenen Böen von 55 Knoten. Absolut kein Segelwind für amica.

Auf dem Weg nach Laredo, die Costa Verde von Kantabrien

Laredo hat mich positiv überrascht: Ein schöner und großzügig angelegter Hafen, alle Versorgungsmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe und zu Fuß lässt sich einiges entdecken.

Der Hafen, mit sehr viel Platz

Für die höheren Berge braucht man aber schon ein Auto. Dafür gibt es einen großen Strand.

Den Weg auf diesen Hügel habe ich nicht gefunden, aber einen Tunnel unter durch.

Da konnte man sich dann wie im Meer fühlen, mit allerlei Meeresbewohnern und sogar mit einer Schatztruhe.

Die Nordküste am Ende des Tunnels

Das Restaurant El Fantastico mit Bananen als Dekoration

Und man lernt wieder einmal nette Leuten kennen. Während meines Aufenthalts in Laredo hat sich dann die Südwindwetterlage eingestellt. Ich habe 5 Tage gewartet, bis ich ein vermeintliches Wetterfenster nach Santander nutzen wollte. Doch auf den letzten 7 Meilen nach Santander bekam ich dann SW 5 Bft mit Böen 6-7 Bft fast genau von vorne. Das war eigentlich erst gegen Abend angesagt, aber es kam bereits um 13 Uhr. Mühsam unter Motor schaffte ich die restlichen Meilen bis zum Puerto Chico. Auch der Motor musste sich quälen, ich kam meistens nur noch auf 3 Knoten Fahrt. Die kleine Welle – zum Glück wehte der Wind immer noch ganz leicht von Land – machte alles nass, auch mich. Die Spritzer flogen annähernd waagerecht über das Boot.

Und Puerto Chico? Ein sehr eigenartiger Hafen, es war kein Mensch für eine Anmeldung erreichbar, nicht über UKW-Kanal 9 oder Telefon und ansonsten war alles sehr privado. Nach 30 Minuten legte ich wieder ab und fuhr zur 2,5 Seemeilen entfernten Marina de Cantrabico am Flughafen. Dort stand sofort ein Hafenmensch bereit, mich über alles aufzuklären, die Anmeldeformalitäten direkt am Boot durchzuführen und auch einmal schnell ein Brot zu besorgen. Es gibt in diesem Hafen oder unmittelbarer Nähe leider keinerlei Versorgungsmöglichkeiten. Fahrräder kann man sich hier auch nicht leihen. Zum nächsten Supermarkt sind es gut eine Stunde Fußweg durch Industriegebiet. Und Santander konnte ich nur aus der Ferne betrachten.

Und hier habe ich dann 9 Tage verbracht, bei anhaltendem Südwind mit starken Böen. Mein kleiner Ausflug mit amica zum Stadthafen von Santander nach 5 Tagen hat dann die endgültige Aufklärung über den Puerto Chico gebracht. Dieses Mal gab es zumindest eine Unterstützung bei der Liegeplatzsuche, doch beim Aufsuchen des vorgeblichen Hafenbüros bin ich in eine andere Welt geraten oder eher auf einem anderen Planeten gelandet. Diese privado-Geschichte hat wohl den Hintergrund, dass dies ein sehr exklusiver Verein ist. Erst haben sie mich nicht hereingelassen – privado –, um die Anmeldung durchzuführen und dann wollen sie offenbar auch keine Transitos, also Gäste. Wie sonst ist es zu erklären, dass die für amica nahezu 100 € verlangten, por dia!!! Ich bin gleich wieder weg, zurück zur Marina de Cantrabico, 10 € por dia.

Die Bergkulisse ist immer wieder schön

Der Flughafen hat nicht wirklich genervt, dazu gehen zu wenige Flieger hier ab.

Die Palmenallee ist schon beeindruckend

Barbara ist am sechsten Tag gekommen. Wir haben gemeinsam den notwendig gewordenen größeren Einkauf vorgenommen. Das war eine Kombination aus langem Weg zu Fuß und Taxi. Geht doch.

Altes Holzboot beim Vertrocknen

Santander Stadt, es soll auch innerhalb der Stadt nicht schön sein.

Am Freitag machten wir uns auf den Weg nach San Vincente de la Baquera mit der Option, in Suances abbrechen zu können. Einmal wieder null Wind, aber Dünung bis 1,5 m hoch und, so schien es uns, reflektierende Wellen von der Felsenküste, ließen amica heftig schaukeln. So versuchten wir dann nach Suances einzulaufen, ein großer Fehler. Die Dünung brach sich auf der gesamten Breite der Bucht und die Einfahrtsrinne war nicht klar auszumachen. Dazu waren die Tiefen in der Rinne relativ unbekannt. Als dann amica sich auf eine Welle setzte und anfing, mit 10 Knoten die Welle abzureiten, habe ich kurzerhand amica kurz vor der Mole herumgerissen. Das Ergebnis war eine kräftige Wanne bei enormer Schräglage und sehr viel Adrenalin. Hier kann man nicht rein und so sind wir weiter nach San Vincente gefahren, Schaukeln egal.

Die Küste vor San Vincente

Einfahrt von San Vincente

Dass es hier kein Duschen oder Toiletten gab, war uns vorher bekannt, aber immerhin bekamen wir einen Liegeplatz und fanden Wasser und Strom. Wir lagen direkt an der Promenade, es war also etwas laut. In der Nacht musste dann ein Angler seinen großen Fisch auf dem Ponton totschlagen, das dauerte ganz schön lange. Am nächsten Morgen sahen wir dann überall Blutspritzer. In der zweiten Nacht gab es achtern aus eine Karaokeveranstaltung oder so etwas Ähnliches. Es lief leise Musik und immer einer griff sich ein Mikro und sang lauthals mit. Das ging bis spät in die Nacht. Ausruhen geht anders.

Deswegen nahmen wir uns vor, im nächsten schönen Hafen dies nachzuholen. Und Ribadesella scheint der richtige Ort zu sein. Sehr schön gelegen und Abstand zur Hafenmeile. Das Städtchen sehr schön und neben Wasser und Strom auch Duchas.

Einfahrt von Ribadesella

Mole von Ribadesella, an die man sehr dicht heranfahren muss, auch bei Niedrigwasser ist noch genug Tiefe vorhanden. Und dann geht das links um die Ecke.

Dieses Ribadesella hält uns fest, nicht weil hier so schlechtes Wetter ist oder der Wind zu stark, die Dünung geht einfach zu hoch. Ganz besonders in der Ausfahrt.

Ausfahrt friedlich bei Niedrigwasser. Bei minimalen Seegang, kann man hier auch bei Niedrigwasser herein. Schön zu sehen, das wirbelnde Wasser der Rinne, die soll immer 2 m Wassertief haben.

Es kann allerdings auch ganz anders aussehen. Wir kamen tagelang nicht raus.

Ribadesella ist von Bergen umgeben

Die haben aber nur knapp 800 m Höhe.

Vor uns die Berge, die Einfahrt mit hoher Dünung, da fühlt man sich mit der Zeit eingesperrt. Auch wenn das alles sehr schön anzusehen ist, irgendwie wollen wir auch einmal weiter.

Gijon

Dienstag, 15. November 22

Na immerhin, wir haben es vor 3 Tagen geschafft, hierher zu fahren. Zwar schien die Sonne, doch es war morgens um 8 Uhr noch recht kühl. Mittags kam dann die Wärme mit 20 Grad. Am Gästeponton war es die ersten zwei Tage etwas unruhig und wir haben uns in das innere Hafenbecken verholt.

Die letzten 4 Wochen gab es kein so richtiges Vorankommen mehr. Das lag nicht daran, dass wir es überall so schön fanden. Diese anhaltende Südwestwind-Wetterlage, die ja auch viel Wärme nach Nordeuropa geschickt hat, vermiest einen hier das Segeln. Die Tiefs ziehen zu südlich über den Atlantik und dann von hier entsprechend der Luftströmung noch Nordosten. Sie schaffen es aber nie, das anhaltende Hoch über Nordost-Europa zu vertreiben. Das ist dann eine Autobahn für die Tiefdruckgebiete, zusätzlich angefeuert durch Ex-Hurrikane. Dadurch wird auch der Nordatlantik so richtig in Bewegung gesetzt. Die Dünung, die hier ankommt, hat die entsprechende Höhe. Mit der Wetterstatistik stimmt das nicht mehr überein.

Die Bedingungen für ein kleines Boot werden immer schlechter. Erst war es die falsche Windrichtung und starker Wind, die mich in Laredo 5 Tage verweilen ließen. Danach musste ich in Santander 9 Tage pausieren, weil die Böen zu hart waren und in Ribadesella hielt uns die hohe Dünung fast 14 Tage fest. Nun kommt hier der Westwind mit Regen und wieder Dünung bis 3 m auf, das soll bis Ende November anhalten. Dazu sinken die Temperaturen vorübergehend auch tagsüber auf 12 Grad.

War es das jetzt? Muss ich jetzt hier ans Überwintern denken? Für die Ecken bei A Coruna und Cabo Finisterre bis hinunter nach Portugal brauche ich eine ruhige stabile Wetterlage mit nördlichen und östlichen Winden. Dazu braucht es ein Hochdruckgebiet, das seinen Keil bis zu Bretagne austreckt und damit auch die Dünung bremst. Das soll es geben! Aber bitte stabil und nicht immer nur zwei Tage, sondern einmal zwei Wochen, soviel Zeit brauche ich bis Porto.

Gijon

26. November 22

10 Tage nach dem letzten Bericht und immer noch in Gijon? Hatte ich zu Beginn meines Weges in der Biskaya noch die zahmen Wellen bestaunt, zeigt sich nun eine andere Welt.  Ja, da draußen geht momentan wirklich nichts mehr. Kaum eine Yacht, die jetzt noch ausläuft, die ganze Küste hier im Norden scheint leer zu sein und ebenso die Westküste. Nur südlich so ab Lissabon sieht man über AIS wieder Bewegung auf dem Wasser. Es ist Winter geworden mit den normalen Begleiterscheinungen: große Dünung, ab und zu einmal Sturm oder Starkwind aus westlichen Richtungen, nass und kalt. In den letzten Tagen bedeutete große Dünung laut Warnmeldung 5-7 m Mar Combinado und West bis Nordwest 7 – 8 Bft.

Leider ist die Qualität der Aufnahmen von der Bucht nebenan nicht so gut, weil ich meine Gopro nicht mitgenommen hatte.

Der Klassiker

Brechenden Wellen

Zwei Tage später mit weniger See

Und jetzt hat die Policia portuaria sogar die Hafenmole gesperrt.

Barbara ist wieder nach Hause geflogen, die letzten beiden Tage haben wir zusammen in einem Hotel verbracht. Dabei konnten wir auf den Bergspitzen den ersten Schnee sehen.

Leider nur schwer zu erkennen, Smartphones bringen es eben nicht auf Entfernung.

Schön ist natürlich, bei Sonnenschein die 20 Grad zu genießen, denn die Sonne hat in diesen Breiten ganz schön Kraft. Nur nachts sinkt das Thermometer fast immer in den einstelligen Bereich. Und wenn die Sonne nicht scheint, wird es auch tagsüber kaum mehr als 14 Grad warm.

Gijon ist eine der größeren Städte in Nordspanien, da gibt es unendlich viel zu entdecken. Hier ein paar Eindrücke:

Viele reizvolle Gassen

Typischer Baustil

Abenteuerliche Verkabelung, aber es funktioniert wohl

Unser Hotel

Was ich nun vorhabe? Ich bin immer noch am Abwarten, ob es einmal wieder ruhige Momente auf See gibt, mindestens würde ich gerne bis A Coruna kommen. Dort kann man das Boot gut und günstig länger liegen lassen und auch schnell nach Hause fliegen.

Aviles

Freitag, 2. Dezember 22

Angesichts der Temperaturen, die kaum noch in den zweistelligen Bereich gehen, habe ich beschlossen, meine Winterpause anzutreten. Hier in Aviles liegt amica gut, sicher und günstig. Der Flugplatz Asturias Aviedo ist mit dem Bus in 20 Minuten zu erreichen. Ich mache amica noch etwas winterfest und dann nehme ich den Flieger nach Hamburg. Nächstes Jahr im März geht es dann weiter.

Tschüss

Top

Galicia