England

02. Juli Brighton

Das war jetzt einmal ein sehr schöner Törn, zwar wieder etwas spät los, sodass ich ab Beachy Head Gegenstrom hatte, aber wer will schon immer vor 5 Uhr aufstehen. Immerhin war ich im 7.20 Uhr in der Schleuse und im Hafen haben noch fast alle gepennt. Bis Beachy Head war es sehr flau mit kaum 3 Knoten Fahrt. Um Beachy Head hat es mich herum geblasen, gut 20 Minuten im Gleiten bei 8 Knoten Fahrt. Kurz danach dann wieder flau, gerade richtig, um noch weitere Bilder zu machen. Ab New Haven stellte sich dann ein schöner ablandiger Wind mit 4 Bft ein, die paar Böen störten dabei nicht mehr.

Die Schleusenkammer, rechts und links sind Schwimmpontons, also Durchschleusen ist hier ganz leicht. Ich war der Einzige in der Schleuse.

Die Hafenausfahrt und das Hafenpanorama von außen. Drinnen liegt man sehr geschützt.

Eastbourne Newtown und Eastbourne Oldtown mit typischer Pier

Zwei Ansichten von Beachy Head

Zwei Ansichten von den „sieben Schwestern“, das sind die nach dem geraden Teil der Steilküste. Und ja, es sind 8 Spitzen. Als diese Formation “Seven Sisters” um 1600 benannt wurde, waren es sieben Spitzen. Die eine im westlichen Teil ist eine Nachzüglerin, durch Erusion später entstanden.

Seaford mit tollem Strand und New Haven, leider kaum auszumachen, weil etwas im Land gelegen.

Ach ja, um 12.30 Uhr Ortszeit habe ich zum zweiten Mal nach 2016 den Nullmeridian nach Westen überquert. Das hat auch was. Weit weg von zuhause.

9. Juli Portsmouth Southsea Marina

Lange nichts mehr geschrieben, ich musste erst einmal in England ankommen, oder besser England verkraften. Mir fehlen auch immer noch die passenden Worte, dieses hier treffend zu beschreiben. Vieles ist hier doch anders und doch wieder nicht. Klar gibt es hier viel Business, das ist nicht zu übersehen, mit den Schattenseiten dazu, auch nicht zu übersehen. Ganz oft sind da große Werbeversprechen mit nichts dahinter. Um einiges extremer, als wir es in D kennen.

Doch erst einmal die Segelgeschichte: Gestern gab es einmal wieder einen Törn unter Motor. Seit Tagen kein Segelwind und es bleibt auch noch eine Woche lang so. Etwas viel Sommer in England mit dem Hoch direkt über einen. Für kurze Törns kann man schon die Seewindphase am Nachmittag ausnutzen, etwa 2 Stunden pro Tag, dann wieder nichts. Doch 40 Seemeilen, da muss man leider den Motor anschmeißen und dann gibt es ja noch Strömung, einen Teil der Strecke fährt man irgendwie immer gegen den Strom.

Am späten Dienstagabend (3. Juli) habe ich Barbara aus Gatwick abgeholt, bin also ab jetzt nicht mehr allein unterwegs. Bahnfahren in England scheint chaotisch zu sein, doch das nehmen hier alle sehr gelassen hin. Von Brighton nach London gibt es sehr intensiven Zugverkehr, London ist halt der wichtigste Arbeitsort. Doch sollte man sich nicht darauf verlassen, dass irgendein Zug so fährt wie angegeben. Was dann auch dazu führte, dass mein Daily-Return-Ticket für alle Züge galt und das One-Way- Ticket für Barbara teurer war!? So what.

Brighton ist ja das große Seebad im Süden England, doch es hat mich nicht zu einem Sightseeing gelockt. Einmal davon abgesehen, dass bei diesem Wetter – heiß und totaler Sonnenschein – der Schatten für mich ein besserer Ort war. Ich bin sowieso schon so dunkel gebrutzelt wie noch nie.

Nach einer Woche Englanderfahrungen werde ich mich lieber noch zurückhalten, was die Einordnung von Verhaltensweisen betrifft. Dazu ist mir einiges doch zu fremd, bin halt vom Kontinent. Aber die üblichen Standards möchte ich doch schildern. Wenn man hier die Straße überquert, wird man es nach einigen Schreckmomenten drauf haben, dass hier Linksverkehr herrscht. Aber auch Fahrradfahrer und Fußgänger weichen in diese Richtung aus und das ist schon ungewöhnlicher. An der Küste spricht man hier keine Londoner Schulenglisch. Schön, dass die einen verstehen, aber mit deren Fragen und Antworten konnte ich und kann ich auch immer noch nicht viel anfangen, obwohl ich viel gelauscht habe.

Kleine Boote gibt es hier, doch habe ich den Eindruck, dass man diese Kleinbootsegler zwar toleriert, aber doch links liegen lässt. Gespräche gibt es scheinbar nur unter Gleichen. Klar, die holländischen Tourensegler, die man hier fast überall trifft, segeln mit mehr als 12 m Bootslänge. Und auch die Holländer schauen manchmal mitleidig auf mein kleines Boot und können es gar nicht fassen, dass ich mit meinen 7 m von weiter hergekommen bin als sie selbst. Mit den Einheimischen bin ich so gut wie gar nicht ins Gespräch gekommen.

Fish and chips? Nein, chips and beer hat man hier sehr oft in der Hand, morgens, mittags und abends. Die Abteilungen im Supermarkt sind entsprechend groß. Bei Supermarkt fällt mir wieder Werbung ein. Ein großes Schild mit 24 hours Öffnungszeiten und ganz klein da drunter dann doch ein Von-bis, ganz normal, sonntags auch von 11 bis 17 Uhr. Das hat uns dann leider am Sonntag um frische Brötchen gebracht. Gut, wir lesen jetzt auch das Kleingedruckte.

In Brighton sind mir viele Gestalten im Look der 70’iger aufgefallen, wirkliche viele. Und ebenso auffallend ist der etwas schrille Stil, wie man sich hier kleidet. Wenn man aus Frankreich kommt, möchte man das nicht modisch nennen, obwohl die das hier sicher so sehen. Männer kennen hier wohl nur Shorts und ausgelabbertes T-Shirt, nicht nur an Bord. Drüben auf der anderen Seite des Channels undenkbar. Da hat ja selbst abgerissenes Aussehen einen Stil. Okay, ich bin hier nicht in London und hierher sind wohl nur einige Stilelemente herübergepurzelt.

Und nun noch Eindrücke in Bildern.

Der Weg vom Liegeplatz an Land über die Westmole mit allen Sanitäreinrichten und direktem Weg auf die Neppmeile.

Hafen von Osten und Wohnen am Hafen mit Liegeplatz dahinter

Cliff hintern Hafen und eines von vielen Schlössern

Brighton von See

Tolle Packung, viel Pulerei und ein mageres Ergebnis. Da nützt auch das Lesen des Kleingedruckten nichts. Toll geschmeckt haben sie aber!

15.7. Yarmouth – Solent/Isle of Wight/Cowes

Wir lassen hier die Zeit vergehen und treiben uns auf der Isle of Wight herum und auch auf dem Solent. Südengland liegt nach wie vor im Einflussbereichs eines kräftigen Hochs, das für diese Gegend bedeutet: null Wind. Morgens mal 1-2 Stunden östliche und am späten Nachmittag 1-2 Stunden westliche Winde, eher eine kleine Brise, gentle breeze genannt. Da kann man gar nichts planen und ewig unter Motor zu fahren, haben wir auch keine Lust.  Von Southsea/Portsmouth fuhren wir unter Motor nach Cowes, dort blieben wir 3 Tage und nach Yarmouth (9 Seemeilen weit) konnten wir doch fast alles unter Segel machen. Gestartet nach der St.Malo-Regatta hatten wir 20 Minuten Ostwind bis 2 Windstärken, dann nichts und dann schwache Brise aus West mit Böen bis 4 Bft! Na gut, einmal etwas vorangekommen, alles nicht weiter wild.

Außerdem ist diese Insel eine Reise wert, der bisher schönste Teil Englands. Jeden Standort haben genutzt, um diese Insel zu erforschen. So langsam quält uns und vor allem mich aber der Gedanke, wie komme ich auf die andere Seite des Channels. Diskussionen hin und her, alternative Routen, um wenigstens die Kanalinseln mitzunehmen, all das will gut überlegt sein. Doch jetzt zunächst Southsea, der Solent und die Isle auf Wight.

Noch ein wenig aus Southsea, so sah es bei Niedrigwasser vor dem Hafen aus, der Hafen selbst wird durch ein Gate vor dem Leerlaufen geschützt.

Typische Architektur einer englischen Kleinstadt Southsea

Im Solent trainieren zwei Class40 und es geht noch schneller mit Hovercraft.

Cowes und seine Pubs

Das gibt es hier auch

Regattaboote:  Regattasegeln findet hier sehr professionell statt, da wird poliert ohne Ende und ewig das Rigg getrimmt, Unterwasserfarbe bremst nur.

Warten auf Wind

Und dann geht es los

Hier wird richtig zum Start geschossen. Zunächst die ewige Startverschiebung beenden.

Erster Start

Auch beim zweiten Start sieht noch alles sehr photogen aus, eine Stunde später nach Verlassen des Solents lagen sie in der Flaute. Cowes – St. Malo: Das wurde sehr lang, ich habe auf dem Satellitentracker (die müssen ihre Position permanent übermitteln) nachgeschaut, für die knapp 70 Seemeilen bis zur französischen Küste nahe Cherbourg brauchten sie 24 Stunden. Und dann ging es ja nach weiter bis St. Malo, um die Kanalinseln westlich herum. Beim letzten Nachschauen auf dem Tracker (36 Stunden ab Start) war immer noch ein Pulk nördlich von St. Malo zu sehen. Aber wenn eine Class40 auch nur mit 3 Knoten durchs Wasser fährt, was soll man denn von den anderen erwarten.

Ausflug an die Südküste:  St Catherine’s Point und ein altes Gehöft

Ausflug zu den Needles und ein wenig die Küste entlang

Aufnahmen vom oberen Deck eines Doppeldeckerbusses

Der Solent

Durch den Wald

Freshwater bay

20.7. Cherbourg

Ja wirklich, wir sind wieder auf dem Kontinent. Nach dem Motto, nicht lange überlegen, sondern einfach eine Entscheidung fällen und dann das auch machen. Wenn es mehr als einen Grund dagegen gibt, an der englischen Küste weiter nach Westen zu segeln, dann ‘rüber in die Bretagne, das war ja sowieso geplant. Hier ist es mit 70 Seemeilen etwas kürzer als von Dartmouth oder Falmouth in die Bretagne mit etwa 90 bis 100 Seemeilen. Und die Bretagne und Jersey sowie Guernsey liegen nur um die Ecke des Cap la Hague. Natürlich gab es keinen Wind, das hieß dann 12,5 Stunden Benzin verbrauchen.

Die englischen Häfen an der Südküste von England haben bisher nicht wirklich überzeugt, die einzige Ausnahme bildet die Isle of Wight. Deshalb hielten wir uns hier auch länger auf, Segelwind war sowieso nicht. Von Yarmouth machten wir noch einen Sprung nach Lymington und wieder zurück, Yarmouth-Cherbourg ist der kürzeste Weg. Lymington war auch etwas langweilig. Nur zwei witzige Bilder, sonst gab es nichts zu dokumentieren.

Eis auf dem Ponton und diese Wolke

Noch etwas über England? Was für ein Kulturschock, wenn man wieder auf dem Kontinent ist. Die schnacken einen an, können das Grüßen gar nicht sein lassen und immer mit einem Lächeln auf den Lippen. Jetzt einmal ordentlich die Klischeekiste: der Engländer an sich ist zurückhaltend, man muss schon ordentlich kratzen oder mit ihm in der Kneipe getrunken haben, dann zeigt er seine freundliche Natur und ist witzig. In Yarmouth und Lymington war es aber etwas anders, nicht ganz so zurückhaltend und im Harbour-Office fast schon sabbelig. Aber ich habe hier keine Unhöflichkeiten erlebt und alle Fragen wurden mir hilfsbereit und nett beantwortet.

Hat mich vor zwei Jahren Frankreich positiv überrascht, so habe ich mir von Englands Südküste mehr versprochen. Hier lässt sich auch nicht gerade leicht nach Westen segeln. Gerade wenn man dicht unter der Küste bleiben möchte, hat man ständige mit nervigen Strömungsverhältnissen bis hin zu „overfalls“ zu kämpfen. Das Portland-Race an der Spitze von Portland-Bill wird im Reeds für 10 Stunden einer ganzen Tide (12 Stunden) als gefährlich beschrieben, also nur für 2 Stunden passierbar. Ausweichen kann man nur, wenn man sich 5 Seemeilen von der Küste entfernt. Poole, Portland, Torquay, Dartmouth und Plymouth üben auch keinen Reiz aus. Schade ist es nur um Cornwall. Ach ja, das Bahnfahren ist im Land der Eisenbahnen nur für Kurzstrecken machbar. Es ist leichter von Jersey nach London zu kommen, als z. B. von Bournemouth aus.

Unsere Fortbewegungsmittel mit halben Dach, der Needles Breezer und mit ganzem Dach die Linie 7

Old Town Yarmouth

Abschied von England, die Needles früh am Morgen

Und hier?

Zwei Senioren im Angelboot: „Un Waarschiipe?“ Den Daumen hoch und „Oui“ gesagt. Und dann: “Le mêne là-bas!” Die haben hier auch eine Waarschip liegen??!!

Shorts sind hier einmal wieder nicht angesagt, die Sonnenbrille hört lässig im V-Ausschnitt des T-Shirts getragen. WC-Anlagen werden hier nicht mit Chlor gereinigt, sondern parfümiert. Jetzt ein wenig dick aufgetragen, aber so fühlt man sich hier.

Das Klima ist hier trockener, wenn auch das Meer in der Luft liegt. Barbara meint, es riecht hier nach Süden. Die Pflanzen am Straßenrund unterstützen dieses Bild.

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