24.7. St. Peter Port – Guernsey
Cherbourg übte auf uns einen gewissen Reiz aus, so dass wir uns 2 Tage gönnten. Im Hafen kann man gut liegen, es gibt gute Sanitäreinrichtungen, aber mehr ist zum Hafen und seiner näheren Umgebung auch schon nicht mehr zu sagen. Interessanter ist da die Stadt, vieles ist typisch für Frankreich und wir konnten auch das Geheimnis lüften, warum es hier nach Süden riecht. Es liegt an den Pflanzen, gepaart mit Seeluft und Wärme.
So etwas wächst hier allenthalben am Straßenrand.
Viel alte Bebauung, zum Teil geschichtsträchtig.
Und natürlich shoppen im französischen Stil.
Cherbourg wie auch Le Havre gehören ja zu den großen Hafenstädten mitsamt dazugehöriger Industrie. Also nicht alles ist hier touristisch, doch gibt es viele spannende Plätze zu entdecken. Aber wir wollen ja noch weiter zu den Kanalinseln.
Am Sonntag ging es dann unter Motor weiter, der Sommer zeigt kein Erbarmen. Deshalb haben wir uns für die kürzeste Strecke nach Diélette entschieden, nicht gleich rüber zu den Kanalinseln. Und ganz im Vertrauen auf den Reeds, der bei einem ersten Besuch für diese Gewässer Nipptide empfiehlt, haben wir sie auch. Also keine 8 bis 10 Knoten Strömung um das Cap La Hague, sondern nur maximal 5 Knoten.
Trotzdem ganz schön beeindruckend, mit vielen Strudeln und einer maximalen Geschwindigkeit von 11 Knoten nach Plotter über Grund (5,5 Kn eigene Geschwindigkeit und 5,5 Kn Strom).
Barbara fand diese Phänomene unheimlich und bezeichnete sie als schwarze Löcher im Wasser, schhhhllupp und man ist weg.
Diélette, etwa 12 Seemeilen südlich vom Kap scheint eine vergessene Gegend in Frankreich zu sein. Kaum Mobilempfang, kein Internet, aber sehr schön und ein günstiges Restaurant mit leckerem Essen. Einkaufen kann man dort aber nicht, dafür gibt es einen Free-Shuttle-Bus bis in den nächsten „größeren“ Ort: Les Pieux. Auch hier blieben wir 2 Tage, doch „Warten- auf-Wind“ nennen wir dies nicht mehr, vielleicht „kleine-Hoffnung“. Nützt natürlich nichts. Dieses Hoch, dass jetzt ja auch Mitteleuropa quält, ist zäh.
Also wieder einmal statt Wind Benzin, was für ein Glück, dass man hier überall Nachschub findet.
Sark konnten wir schon recht früh ausmachen, die Insel östlich von Guernsey ist sehr hoch. Zwischen Sark und Herm fuhren wir durch den Big Russel und wurden nochmal auf 8 Knoten beschleunigt, kurz vor Ende der Tide. Bei diesen Felsen auf allen Seiten sollte man nicht träumen.
Nicht nur Überwasser so wie hier zu sehen, sondern sie gibt es natürlich auch unter der Wasseroberfläche. Wir haben uns gefragt, wie viele Schiffe hier wohl zerschellt sind, als es noch keine guten Seekarten, geschweige denn elektronische Navigationsmittel gab.
Großer Fischerkutter? Nee, schaut euch diesen Riesen auf dem Boot an!
Die Einfahrt in den Vorhafen, wo ein großer Autocat liegt.
Die Einfahrt zur Marina, na gut, dann warten eben wir eben noch 2 Stunden. Ich dachte, wir kämen richtig an, doch hatte ich diese blöde Zeitverschiebung nicht mehr auf der Reihe. Auch wenn diese Insel autonom sind (z. B. mit eigenem Geld, das man nur hier wieder los wird), die Zeit und den Linksverkehr haben sie hier von Old England übernommen. Und dann diese Customs Declaration! Nein, die Bananen, die wir gleich vertilgen, haben wir nicht aufgeschrieben und Dynamit und Drogen gibt es auch nicht an Bord. Wir haben uns aber den Spaß gegönnt, 2 Flaschen Rotwein und 1 Flasche Cidre aufzuschreiben.
Sind wir hier noch weiter im Süden? Das kommt mir wie die Promenade in Funchal auf Madeira vor.
01. August – Saint Helier/Jersey
Seit heute bin ich wieder single-hand unterwegs. Wir sind sehr früh auf, um so ca. gegen 6 Uhr Ortszeit am Airport zu sein. Was nicht kam, war das bestellte Taxi am Hafen und wir mussten ganz schnell ein anderes finden. Hat aber alles geklappt und Barbara ist schon wieder zu hause.
Nun arbeite ich gerade „amica“ durch, um alles wieder so einrichten, dass jeder Handgriff blind ausgeführt werden kann. Unnützes ganz weit weg, wichtige Dinge wie Kocher und Benzin auffüllen und auch einmal wieder Wäsche waschen. Es ist doch ein großer Unterschied, ob man allein oder zu zweit unterwegs ist. Der Kopf arbeitet anders, nicht, das kann man ja irgendwann machen, auf einmal gibt es wieder eine Prioritätsliste, und die will abgearbeitet werden. Die Erfordernisse des Einhandsegelns bestimmen die Abläufe an Bord. Da gibt es immer etwas zu tun, der Tag wird nie langweilig.
Und dann muss ich die weitere Planung in Angriff nehmen. Der Sommer bleibt und die nordöstlichen Windrichtungen dazu, dies könnte mich verleiten, immer weiter zu segeln. Nee, ich muss ein Umdrehzeitpunkt festlegen und der soll heißen, spätestens Mitte August in Cherbourg zu sein. Bis dahin werde ich mich noch an der Nordküste der Bretagne herumtreiben, zwischen Felsen durchsegeln und über hartem Grund trockenfallende Häfen ansteuern. Immer wieder alles berechnen und was nicht im Kopf bleibt, kommt auf eine Pilotage, so nennen es die Engländer: einen Plan, wie und wo man fahren will und kann, Hochwasserzeiten, Strömungen, Zeitfenster, Alternativen, Bojen, Kurse bis hin zu Zeichnungen, um Wege zu finden. Plotter und Seekarten sind ja ganz schön, einhand ist beides schwierig zu benutzen. Die Seekarten kann man nicht immer draußen haben und am Plotter permanent ein- und auszoomen, das klappt nicht. Außerdem sind Eddies und Races darauf nur grob dargestellt.
Ja, diese Eddies und diese Races. Wir haben auf dem Weg nach Jersey an der Südküste von Jersey beides voll durchfahren. Sie waren in den Seekarten eingezeichnet (nicht aber auf dem Plotter), wenn man erst mal da drin ist, bleibt eine keine andere Wahl, als durch. Warum nicht vorher den richtigen Kurs bestimmen, um ihnen auszuweichen? Dieses ewige Flautengeschipper verleitet dazu, nur grob den Kurs festzulegen, man fährt ja unter Motor und kann dann bequem alles machen. Das war wohl nichts.
Wie sehen diese Eddies und Races eigentlich aus? Zunächst denkt man, es ist irgendeine See, die sich nur dort an den Stellen zufällig ein wenig türmt. Jaa, wir hatten Dünung, die war bis zu 1,5m hoch, aber auch 100m lang, das konnte es nicht sein. Wind gab es auch nicht, für so eine See. Stromsee? Passt auch nicht, dazu braucht es ebenso Wind. Die Wellen sind spitz und hoch und es ist schwierig, durch sie zu steuern, ob unter Motor oder Segel spielt dabei keine Rolle. Es sind halt Stromschnellen und es ist keine Kabbelsee. Und Eddies bedeutet, dass dies alles im Kreis passiert: Stromwirbel. Wellen kommen dann von verschiedenen Seiten und man wird ein wenig vom Kurs abgebracht, halt drehend wie ein Stromwirbel. Wichtig ist nur, nicht quer zu schlagen, denn eigentlich ist es nur ungemütlich, etwas feucht und man muss beim Steuern gut aufpassen.
Also für ein nächstes Mal: immer genau die Karten studieren, solche Gefahrenzonen vermerken und vor allem die Tidenverhältnisse besser einplanen, bei null Strom ist an diesen Stellen nämlich nichts los.
Wir haben Guernsey intensiv erkundet, Stadt, Gärten, Nord- und Südküste, etwas gewandert und eine Rundtour mit dem Bus gemacht. Die Banken und andere Finanzinstitute kann man nicht übersehen. Alles, was in Europa Rang und Namen hat, ist hier vertreten, natürlich auch die Deutsche Bank. Auf der Rundtour fielen uns die gepflegten Häuser, Gärten und Landschaften auf, hier ist Geld zuhause. Verfallenes ist fast nicht zu entdecken. Die Geschäftsmodelle der Inseln Guernsey und Jersey sind ja hinlänglich bekannt, kaum Steuern, nicht so genau hinsehen, was da eigentlich läuft – und schon finden sich alle Finanzjongleure ein.
Die Vazon Bay an der Nordwestküste, angeblich der sauberste Strand Europas. Der Tidenhub ist hier schon ganz gut, dort, wo Barbara steht, sind bei Hochwasser auch die Felsen unter Wasser. Also beim Schwimmen immer gut aufpassen!
Die Südküste vom Cliffwalk aus, wir hatten zwei Tage lang 6-7 Bft mit Böen bis 8 Bft oben drauf. Entsprechend baute sich auch eine sehr große See auf.
Die schroffe Küste ist einfach sehr schön und alle 100 m fanden wir andere Perspektiven.
Einsame Strände zwischen den Felsen, vorm Abstieg haben wir uns gedrückt.
Wir fanden schon den Cliffwalk selbst sehr anstrengend. Wanderschuhe haben wir auch nicht an Bord.
Auf diesen Straßen rollt der Verkehr sehr langsam, wie man sieht, ist dies auch notwendig. Wohin denn ausweichen. Hier fuhr auch unser Bus entlang.
Morgendlicher Abschied von Guernsey, Start war bei Sonnenaufgang.
4. August – Lézardrieux
Am 2. August konnte ich die Strecke Saint Helier – Lézardrieux (ausgesprochen: Lesadriou) endlich einmal wieder segeln. Das sind immerhin nach Plotter knapp 48 Seemeilen, für die ich dann 9 Stunden brauchte. Auf See gab es etwas Strom mit, kurz vor Einfahrt in den Fluss Le Trieux hatte ich leider schon kräftigen Strom von seitlich vorn. Das zwang mich für eine halbe Stunde noch einmal hoch ran, denn die Untiefen mit sichtbaren Felsen kamen langsam näher. Querab der Ile de Brehat ging es mit Strom schnell den Le Trieux aufwärts, nur musste ich hier aufmerksam navigieren, die Felsen sind verdammt nah und Querströme gibt es hier auch. Deshalb kann ich euch keine Bilder dieser abenteuerlichen Durchfahrt präsentieren, war ich doch dauerhaft mit Navigieren, Kurs beobachten und immer wieder Kartenlesen beschäftigt. Ich hoffe, bei der Ausfahrt beeindruckende Bilder machen zu können.
Am Abend gab es noch eine schöne Cockpitrunde bei Franzosen an Bord, Niederländer waren auch zugegen und so wurde die Unterhaltung auf Englisch geführt, Nachfragen inbegriffen. Der Franzose fragte mich in Bezug auf mein Boot doch glatt, ob ich mehr ein “Navigateur” oder mehr ein “Restaurateur” wäre, ob mein Boot mehr an Land stehe oder ob ich viel unterwegs bin. Das Deck und die lackierten Flächen waren daraufhin Gegenstand des Gesprächs. Und natürlich wurde auch viel über die wunderschöne Bretagne und besonders die Cotês d’Armor (frei übersetzt: Küste der Rüstung), den hiesigen Küstenabschnitt, gesprochen. Roscoff, meine finale Destination, würde sich dagegen nicht lohnen.
Überhaupt sind viele Häfen hier bei Nipp nur kurzzeitig offen, oft nur 1 bis 2 Stunden um Hochwasser herum. Jederzeit zugängliche Häfen wären eben Roscoff ca. 45 Seemeilen westlich, Tréguier und Portrieux rechts und links nebenan, Le-Guildo kurz vor St. Malo und St.Malo selbst. Die Auswahl ist nicht groß.
Und heute entschied ich mich aufgrund des morgendlichen Nebels und der etwas ungünstigen Windrichtung NW, hier in der Mitte der nördlichen Bretagne umzukehren und diesen Teil der französischen Küste über St. Malo und Granneville, bis hinauf nach Cherbourg abzusegeln. Ab Mittwoch soll der Wind mit entsprechendem Getöse (Gewitter) passend auf West drehen und es scheint wohl so, dass diese Windrichtung erst einmal so bleibt. Ein paar Tage Regen sind dazu auch angesagt, endlich etwas anderes, als diese eintönige brennende Sonne. Obwohl, nachts ist es hier gerade bei den nördlichen Windrichtungen ziemlich frisch, so um die 14°.
Und nun etwas Doku.
Der Fluss Le Trieux bei Niedrigwasser, basse mer. An der dunklen Kante im Felsen erkennt man den hier normalen Tidenhub von bis zu 9m, momentan haben wir Nipptide, also nur 6m Unterschied zwischen basse mer und pleine mer.
Auch der Zugang zu den Pontons ist bei Niedrigwasser nicht so ganz einfach.
Eine große Banane im Garten!
Typische bretonische Bauweise
5. August – Portrieux
Wie versprochen gibt es heute eine Multimediadoku über die Ausfahrt aus Lezardrieux. Das Verlassen dieses Felsengartens war ein wenig abenteuerlich, weil es teilweise sehr neblig wurde. Aber ‘raus ist immer etwas einfacher, als solche Passagen von See kommend zu meistern.
Zunächst Bilder und Videos der ersten 4 Meilen auf dem Fluss Le Trieux
Ich habe die Passage südlich der Ile de Brehat benutzt. Hier zog dann nicht ganz unerwartet dichterer Nebel auf, aber mit den modernen Navigationsmitteln ist dies kein Problem. Man sieht auf den Videos, dass hier guter Strom mitlaufend war. Nach Karte sollte ich über Stellen mit 1m Tiefe fahren, natürlich plus Nipp und plus auflaufendem Wasser, theoretisch also 3m – 4m. Doch das Echolot zeigte nie weniger als 8m an, ich muss wohl diese Stellen knapp verfehlt haben. Trotzdem habe ich für einige Zeit höchst konzentriert nach Plotter (Tiefenlinien beachten) und Sicht gesteuert, die Felsen tauchten manchmal erschreckend dicht auf.
An der Abzweigung in die südlich Passage.
Die Südseite der Passage mit einem interessanten Hafen, den man auf keiner Karte findet.
Irgendwo da ist die Ile de Brehat, aber man sieht schon den Nebel von rechts kommen.
Die bizarren Felsen der Ile de Brehat, die Hochwasserkante ist deutlich zu sehen. Bei Hochwasser liegt dann einiges unter Wasser.
Tonnen sehen so aus. Also immer gut Abstand halten!
Der kennt wohl seinen Weg, ich sehe da nicht viel.
Ganz plötzlich verzog sich der Nebel und die Ile war zu sehen.
Abenteuerliche Ankerplätze, das muss eine schöne Insel sein.
Der südliche Küstenabschnitt, ebenso eine Felsenlandschaft mit Passagen nach Paimpol.
Das sind keine Wolken am Horizont, das ist der Nebel des Grauens.
6. August – Saint-Quay-Portrieux
Ich befinde mich nun definitiv auf dem Rückweg. Ab morgen dreht der Wind auf westliche Richtung, so wie ich es erhofft habe. Über Saint-Malo geht es dann nach Norden, wobei ich wahrscheinlich alle anzusteuernd Häfen (Granville, Barneville, Diélette) besuchen werde, auch wenn deren Zufahrten trockenfallen.
Hier in Saint-Quay-Portrieux – so heißt es vollständig – ist alles schon wieder touristischer. Es wird auch viel gesegelt in der Saint-Malo-Bucht, scheint auch ein hervorragendes Revier mit vielen Häfen zu sein zu sein, zudem vor ruppiger See und Dünung geschützt und mit wenig Strömungen.
Aufgrund der noch bestehenden Windrichtung NE bin ich nicht los, außerdem zog ab 11 Uhr einmal wieder Nebel auf, angesagt war er für diese Ecke nicht. Aber bei der Windrichtung wird wohl jeder Dunst in dieser Ecke zusammengetragen und zu Nebel verdichtet. Ich hatte heute viel Zeit und deshalb gibt es schon wieder Bilder. Zunächst der Nebel.
Ab frühen Nachmittag war denn der Spuk vorbei, die Sonne kam raus und es gab etwas Wind dazu. An Bord wurde es feuchtheiß und deshalb verzog ich mich an Land.
Dieser Felsen heißt “Ile de la Comtesse”. Was hat diese junge Gräfin nur getan, um mit so einem öden Inselchen beglückt zu werden? Stubenarrest?
So sah es dann bei Sonnenschein an der Küste aus.
In der Mitte der Hafenskyline
Doch links und rechts davon sah man dann schon, das touristische Erfordernisse oft die Ästhetik leiden lassen. Es geht ja schließlich ums Geld verdienen und nicht um Schönhit.
Von den großen Restaurants am Hafen können dann die Boote bewundert werden. Wie man sehen kann, mehr als die Hälfte aller Boote sind Anglerboote. Ponton 1 bis 6 nur Motorboote, Ponton 7 für Visiteurs und Ponton 8 und 9 für Segelboote.
Wie in Frankreich überall tut man sehr viel für den Segelspaß von Kindern und Jugendlichen.
10. August – Saint-Malo
Hatte ich mit Lezardrieux den westlichsten Punkt (3°05,9’ W) meiner Reise erreicht, so ist nun Saint-Malo mit 48°38,4 N der südlichste Punkt. Nach viel Nebel und einem Tag Regen und Gewitter gab es ein Fenster nach Saint-Malo und ich konnte doch wirklich die meiste Zeit segeln. Es ist schon ein eigenartiges Gefühl, entlang der Felsen zu navigieren. Immer wieder kommt die bange Frage auf, hat man alles richtig geplant. Ein ständiger Blick auf die Seekarte bzw. den Plotter, um sich zu vergewissern, doch ich war immer auf dem richtigen Weg. Ab dem Cap Frevel gab es dann noch einmal Beschleunigung bis Saint-Malo, der Strom erreichte hier mehr als 3 Knoten. Die Ansteuerung durch die überfluteten Felsen vor Saint-Malo ist auch nichts für schwache Nerven.
Schön, wenn die Felseninsel einen Leuchtturm hat, den kann man jedenfalls meilenweit sehen. Warum aber viele diese Felsen mit weiblichen Namen versehen wurden, erschließt ich mir nicht. Hier die Banc de Madam.
Etwas westlich (nach rechts blicken) vom Cap Frevel sollen ja Asterix und Obelix zuhause gewesen sein.
Die Felsen vor Saint-Malo
Saint-Malo, wie es auf jeder Postkarte zu sehen ist.
Die andere Seite des Flusses La Rance, Dinard
Hier warte ich nach 2 Tagen weiterem Regen und Starkwind auf das nächste Wetterfenster. Ich habe auch keine Eile, denn am Sonntag und Montag ist der monatliche Höhepunkt der Springtide und ich sollte mich vor dem Cap La Hague hüten. Da fahre ich dann wegen zu kräftigem Strom nicht, das gibt es auch. Auf dem Hinweg waren es nur 5,5 Knoten Strömung an der Spitze und da gab es schon Stromseen, jetzt ist das Doppelte zu erwarten, also über 10 Knoten Strom, lieber nicht.
Der Hafen Saint-Malo Les Sablons ist bei nordwestlichen Windrichtungen nicht sonderlich geschützt, insbesondere bei Hochwasser schwellt es hier gut rein. Deshalb musste ich die Vorleinen sehr lang lassen, um das Einrucken in die Leinen abzubremsen. Ich hoffe das ist auf den Videos zu sehen.
Saint-Malo hat aber noch anderes zu bieten. Als Segler interessiert man sich zunächst für den Tidenhub mit seinen Erfordernissen.
Bei Niedrigwasser steht man dann schon einmal vor alpinen Anforderungen.
So sieht es dann draußen vor dem Hafen aus.
Bei Niedrigwasser lassen sich auch die Felsen blicken.
Der Hafen fällt nicht ganz trocken, dafür sorgt ein Sill. Am Ende des Hafenbeckens liegt ein Strand. Auch dort sorgt ein Sill dafür, dass immer Wasser stehen bleibt.
Und dies ist das andere Saint-Malo, dessen Gassen ich erkundet habe. Es muss ja nicht immer die Puppenstube sein, der Ortsteil Intra-Muros (innerhalb der alten Stadtmauern), der schon hundertfach medial präsentiert wurde. Bisher habe ich einen Bogen darum gemacht, ich war ja auch schon mal landseitig dort.
12. August – Granville
Ich habe ihn gesehen, meinen Berg, den Mont-Saint-Michel!!!!
17.08. – Diélette
Es ist schön, wieder mehr segeln können. Von Saint-Malo ging es noch unter Motor zwischen den Felsen nordostwärts, also nicht im Hauptfahrwasser heraus. Das musste ich mir zum Schluss in der Bretagne noch einmal gönnen, navigieren zwischen diesem harten Gestein. Nun wird es leider wieder weniger mit diesen Riffen. Granville ist ja schon wieder Normandie, auch wenn es um diese Halbinsel Cotentin (aussprechen kann ich das immer noch nicht) herum noch hier und da ein paar Felsenriffe gibt, insbesondere am Cap La Hague.
Der Törn nach Granville war ein schöner Anlieger und natürlich war ich begeistert, auch den Mont Saint Michel zu sehen. Granville selber war leider nervig, es gab hier unendlich viele Motorboote, auch diese großen Schlauchboote für 12 und mehr Leute. Zwar haben die sich nur einmal in vier Tagen getraut, bei mir längsseits zu gehen, aber deren Manöver waren in der Regel katastrophal, sodass ich immer mit Fender auf dem Sprung stand. War leider auch nötig.
Zu Granville selbst gibt es nicht viel zu berichten. Von außen sieht die Stadt schöner aus. Ja gut, der gewaltige Tidenhub von bis zu 13m hat mich wieder beeindruckt.
Der Hafen hat natürlich ein Sill, sonst es sehe es so aus, wie auf dem zweiten Bild. Trockenliegende Boote und Fußgänger im Hafen.
Harter Grund und teilweise liegen Stahlteile herum, ich fahre hier nur noch mit sicherer Tiefe, was bei auflandigem Wind auch nötig ist. See steht immer auf die Küste und die Hafeneinfahrten. Die Betonmolen sind hier verbreitet hohl und mit Löchern konstruiert, das gibt reizvolle Motive.
Die Skyline von Granville vom Hafen aus betrachtet.
Der Blick von See auf Le Roc von Granville. An der Bewölkung ist zu sehen, kein gutes Wetter. Ich hatte einen vierstündigen Regentörn, aber mit einen kleinen Schrick in den Schoten bekommt man den Regen nicht immer von vorne.
In Granville habe ich mich für Diélette entschieden, einmal, weil ich dort die Verhältnisse an der Einfahrt schon kannte und ich mir bei den anzutreffenden Tiefen sicher war. Ich musste nur so segeln, dass ich 1 Stunde nach Niedrigwasser ankomme. Die Tide würde sowieso nicht reichen bei 48 Seemeilen, mein Plan sah 6 Stunden mit Strom und 3 Stunden gegen an vor. Hat total gut geklappt. Nach 9,5 Stunden nahm ich die Segel runter und konnte bei knapp 2m in den Hafen an den Warteponton fahren, der Zugang zur eigentlichen Marina war noch wie überall hier an der Küste durch einen Sill versperrt. Aber am Warteponton im Vorhafen kann man hier gut geschützt warten.
Unterwegs gab es Wahnsinn, ich konnte es lange nicht glauben. Etwa südöstlich von Jersey querab des “Plateau des Minquiers” schwammen 3 große Tiere auf mich los, aber wirklich große und genau auf die Mitte von amica. Kurz vor meinem Boot, fast schon in Greifweite machten die drei einen Sprung und tauchten steil ab. Ich bekam eine Ahnung, was das wohl gewesen war, die Schnauze konnte ich leider nur kurz wahrnehmen. Es war aber noch nicht Schluss mit dieser Aktion. So schwammen die Drei einen Halbkreis und wiederholten dieses Manöver von der anderen Seite. Das eine Tier war über 2m lang, ganz dicht dabei schwammen 2 kleinere, ja wirklich, das mussten Delfine sein. Die machen so was. Ich konnte leider nicht diese drei Verspielten länger beobachte, hatte ich selbst ja auch noch ein Boot zu steuern und das bei immerhin 5,5 Knoten Fahrt. Die schwammen aber wesentlich schneller. Kurze Zeit später kam noch einmal einzelnes sehr großes Tier an, mit der Absicht, mir zu zeigen, wie gut seine Tauchmanöver klappen, wieder voll auf die Mitte des Bootes gezielt. Ich saß da, hielt die Pinne fest und dachte nur noch, ich spinne oder die spinnen.
Beim Kraftwerk Flamanville kurz vor Diélette lagen dann sichtbar zwei Tiere an der Wasseroberfläche, wedelten ab und zu mit ihrer Rückenflosse und ließen sich überhaupt nicht stören, als ich in ca. 5 m Abstand vorbeifuhr. Nein, es waren keine Kadaver, denn als ich vorbei war, tauchten sie ab. Die spinnen, die…
Im Hafen erfuhr ich dann, dass es rund um Jersey und hier an der Küste einige Delfine gäbe, was an dem Fischreichtum liegt. Das scheint ja wichtiger zu sein, als die Wassertiefe von nur knapp 12m. Einfach Wahnsinn, so etwas zu erleben.
19.08 – Cherbourg
Der Weg gestern um das Cap de la Hague herum war hart. Das lässt sich nicht in Worte fassen und Bilder gibt es sowieso nicht, selbst zwei Hände sind mir manchmal zu wenig. Wer noch nie eine Raz erlebt hat wird es sowieso nicht nachvollziehen können. Die Raz Blanchard ist berühmt-berüchtigt, man sollte sie weiträumig umfahren (um Alderney herum) oder nur bei Nipp befahren. Ich hatte drei Tage vor Nipp, Stromgeschwindigkeit etwa 8 Knoten, 13,1 Knoten über Grund war der Spitzenwert meiner Geschwindigkeit.
Gute „amica“, arme „amica“, wird auf ihre alten Tage noch so gequält. Eine Holländerin bezeichnete dieses Jahr „amica“ mit ihren 46 Jahren als „alte Dame“, mit der man sorgsam umgehen sollte. Ich habe zum Glück starke Nerven, um “amica“ heil durchzubringen – und mich natürlich auch. Ist man erst einmal in einer Raz, muss man durch, 40 Minuten dauerte das. Danach ruhiges glattes Wasser, als ob diese Spitze sich über jeden empört, der darum fährt.
Meine „amica“ leckt! Aber das ist schon länger so und hat nichts mit der extremen Beanspruchung von gestern zu tun. Ich habe heute mein Boot gründlich untersucht, „amica“ hat es gut überstanden! In der Achterpiek unter dem Benzintank treffe ich immer wieder auf Salzwasser, aber nicht mal ein Teelöffel pro Tag, also absaufen werde ich nicht. Nur, in einem Sperrholzboot sollte kein Wasser eindringen. Ich hatte zunächst die verschiedensten Durchgangsbolzen im Spiegel (Halterung für Motor und Selbststeuerung) in Verdacht. Aber alle Papiertücher, die ich an verschiedenen Stellen in der Achterpiek auslegte, blieben trocken, auch bei den Abflussrohren des Cockpits. Das muss von unten kommen und das ist richtig sch…., kann ich daran vorerst nichts ändern.
Ich habe da auch so meinen Verdacht. Alle Bodenplatten, also die letzten Platten vorm Kiel, sind von Bug bis zum Ende des Kiels mit einem Holz am unteren Ende abgedeckt. Nur im achteren Bereich stoßen die Bodenplatten von Steuer- und Backbord direkt aneinander. Dort hatte ich vor Jahren schon einmal wegen Gammels eine Nut fräsen müssen, um eine Holzleiste einzukleben. Ich befürchte dort die Schwachstelle. Zwar gibt es noch von innen ein breites Kielschwein und ich muss keine Befürchtungen haben, dass „amica“ zu viel Wasser zieht, doch grundsätzlich bedeutet Wasser im Schiff die Gefahr des Gammelns. Das darf also nicht lange aufgeschoben werden und muss nächsten Winter erledigt werden.
Vorgestern, am Freitag, hatte ich in Diélette noch eine schöne Gesprächsrunde mit Engländern. Ja, mit Engländern! Sie kamen von den beiden Kanalinseln Guernsey und Jersey und aus London. Das war eine etwas größere Runde beim Welcome im Harbour Office. Neben vielen anderen Themen rund um dieses Revier, Dolphins und to become a citizen of Guernsey, war auch meine Reise Gegenstand.
Dabei ging es weniger um mein Boot, um dessen Größe und Aussehen, sondern eher darum, wie ich das hier so mache. Nachdem ich dann so die Eckdaten geschildert habe, woher, wo entlang, bei 5 Bft nicht mehr den Hafen zu verlassen, nicht zu kreuzen, möglichst nur Tagestörns zu machen und die Länge eines Törns so bei 30 Seemeilen zu begrenzen, kam ziemlich schnell die Antwort, dass ich wohl keine Trophäen gewinnen will. Das war aber positiv gemeint und bezog sich auf die Dauer meiner Reise. Dazu noch, ich müsse landkrank sein, solange auf allen Komfort zu verzichten und mich auf ein existenzielles Minimum zu beschränken.
Es waren hauptsächlich die Londoner – was für ein Wunder –, die dafür ein tiefes Verständnis zeigten. Sie meinten, dass dies wohl nichts mit Aussteigen zu tun habe, sondern eher mit Suche, mit Suche nach sich selbst. An Land gäbe es so viele komplexe Anforderungen und unnötige Verpflichtungen, dass man sich selbst verliere. Sie würden einige Seefahrer in England kennen, die ähnliches machten wie ich: Leben auf einem Boot. Dazu gehöre eine große Liebe zur See – und zum Boot.
Ich habe das alles jetzt einmal kurz und knapp zusammengefasst, wir haben gut eine Stunde miteinander gesprochen. Es war ein tiefgründiges und philosophisches Gespräch, und ich denke, da ist viel Wahres dran. Ich konnte mich in dieser Charakterisierung wiederfinden. Landkrank, hmm. Nett ausgedrückt.
21.08. Saint-Vaast-la-Hougue
Seit etlichen Tagen herrscht hier feuchtwarmes Wetter. Es gibt immer einmal wieder einen Regentag, den ich dann für diese Einträge nutze. Momentan häufen sich gerade diese Tage, dazu geprägt von null Wind. Immer wenn eine Regenfront durchgezogen ist, baut sich gleich wieder ein Azorenhochkeil auf und legt sich auf die Bretagne. Dann ist man hier irgendwie immer mittendrin und ohne Wind. So richtige Fronten, die über ganz Frankeich hinwegfegen, gibt es wohl nur im Winter. Die bringen dann nämlich den Nordwest-Wind und nicht andauernd diesen schwachen Südwest.
Und dann kommt natürlich noch die Sache mit den Coefs zum Tragen, die den Wasserstand angeben. Die Windrichtungen, so wie an der Nordseeküste, beeinflussen hier kaum spürbar den Wasserstand. Es spielt fast ausschließlich der Mond eine Rolle, also Spring- und Nipptide. Der Unterschied zwischen Spring und Nipp beträgt z. B. bei Le Havre 4,60 m und ganz extrem bei Saint-Malo 7,90 m. Dafür gibt es dann für jede Tide einen Koeffizienten, kurz Coef genannt, mit dem man rechnen kann, aber nicht muss. Es gibt im Bloc Marine für jede Ecke Tabellen, aus denen man den Wasserstand ablesen kann. Der stimmt auch ziemlich genau.
Die meisten Portes, also Tore, die einen Hafen vor dem Trockenfallen schützen, haben Öffnungszeiten von 2 Stunden vor bis 2 Stunden nach Hochwasser. Da ist dann das Anlaufen während der Nippzeit schwierig, weil einfach nicht genug Wasser vorhanden ist, rechnerisch oft bis zu 2 m weniger bei Hochwasser. Wenn man kurz vor Hochwasser einen Hafen verlässt, kann man in der Regel erst 10 Stunden später wieder einen neuen Hafen anlaufen. 10 Stunden! In der Seinebucht reicht das einmal für quer rüber. Deshalb fahren hier fast alle von Cherbourg gleich nach Le Havre oder Fecamp. Auch ich werde trotz Flaute die 53 Seemeilen nach Le Havre machen, notfalls wieder tuckern. Le Havre ist zudem jederzeit zugänglich.
Selbst gestern konnte ich nur mit Motor fahren, schwacher Wind (westlich 1-2 Bft) von achtern geht gar nicht, da flappt nur alles im Seegang. Und den gab es natürlich beim Runden des Point de Barfleur. Das war natürlich mehr diese Strömungssee, denn auch hier gibt es eine Raz, doch ist gerade absolute Nippzeit und so hatte der Strom nur 3 Knoten drauf. Wie immer ist das praktisch für den Weg nach Ost.
Der Phare de Gatteville am Point de Barfleur. Er gilt aus einer der 3 größten Leuchttürme weltweit.
Die Insel Tatihou, wie immer mit Geschichte und entsprechendem Besucherverkehr.
Die Fähre ist echt der Hammer. Bei Niedrigwasser nutzt sie nicht nur einen Weg über Meeresgrund, nein sie fährt auch 600m über Straßen, ohne Bremslichter und immer mit Fendern außenbords.
Saint-Vaast ist ein Zentrum der Austernfischerei in der Normandie.
25.8. – Le Havre
Eine lange anstrengende Tour liegt hinter mir, von St. Vaast bis hier waren es knapp 11 Stunden. In der Nacht los, null Wind und nerviges Gedümpel. Das Großsegel als Bremse gesetzt hat dabei nicht viel geholfen. Nur zum Schluss gab es noch etwas Speed oben drauf, weil ein paar Böen mit 3 Bft einfielen. Ich bin wieder auf östlicher Länge, kommt mir heimatlich vor, ist aber noch ein langer Weg.
Ein paar Nachtaufnahmen.
Wirklich dunkel, bin ich hauptsächlich nach Plotter und Kompass gefahren.
Doch, ein wenig kann man schon erkennen.
Nun mache ich in Le Havre Zwangspause, denn der Wind hat jetzt, wie vorhergesagt, auf West bis Nordwest mit bis 5, 6 und 7 Bft zugelegt. Das gab mir dann die Gelegenheit, das Leck achtern von innen abzudichten. Ist natürlich nur eine provisorische Lösung, denn das muss von außen geschehen. Auch konnte ich mein Großfall retten, das mir in den Masttop gerauscht war. Zwei Leningrader haben mich in den Mast gekurbelt und ich konnte ganz einfach das Fall wieder herunterziehen. Zum Glück ist es nicht durchgerauscht, sondern hatte sich da oben verklemmt.
Habe ich nicht vor ein paar Tagen noch geschrieben, dass hier immer eine Front durchgeht und anschließend sich wieder der Hochkeil ausbreitet mit Null-Wind, nun, jetzt ist es anders. Tiefgestaffelt jagen mehrere Fronten über ganz Frankreich und halb Europa hinweg. Das gibt kräftigen Wind, letzte Nacht 7 – 9 Bft. Das hat ganz gut im Rigg gerüttelt. Und es spürbar kälter geworden. In ganz Frankreich sank die Temperatur um 10°. Gefühlt ist das angenehmer auszuhalten, nur Segeln geht gerade überhaupt nicht, denn die See geht entsprechend hoch. Kommt mir irgendwie bekannt vor, nur bin ich gegenüber 2016 drei Wochen später dran.
Die Mole ist 5 bis 6 m hoch!
Hier in Le Havre treffe ich auf eine dieser französischen Segelevents, auf denen man die „Helden Frankreichs“ bewundern kann. So wird es jedenfalls vermarket, ein paar Nicht-Franzosen sind allerdings auch dabei. Die Veranstaltung nennt sich „La Solitaire Urgu le figaro“ und ist eine Singlehand-Offshore-Regatta auf diesen Hightech-Racern. Gesegelt wird in vier Etappen vom 26.8. bis 14.9., einmal 570 Seemeilen im Kanal (nach England rüber, bis zur Cornwall- Westspitze, dann Bretagne Westspitze und wieder zurück um Guernsey herum nach Saint Brieuc). Die 2. Etappe geht von dort nach Galizien (540 Seemeilen). Die 3. dann zurück nach Saint Gilles nördlich von La Rochelle (440 Seemeilen) und dort wird „nur“ noch ein Dreieck von 165 Seemeilen gesegelt. Für die Langtörns werden jeweils drei Tage angesetzt, für das Dreieck einen Tag. Von solchen Etmalen kann man nur träumen. Die segeln auf Beneteau Figaros, etwa 10 m lang und wie gesagt singlehand. Geschwindigkeiten von 15 bis 20 Knoten sind dabei durchaus erreichbar.
Das ist eindeutig eine andere Segelwelt, härter, extrem und spektakulär – und vor allem teuer. Es segeln da nur Profis, denn kein Amateur (werden auch nicht zugelassen) kann sich so etwas leisten. Die machen ihr ganzen Leben nichts Anderes und werden dafür bezahlt/ausgehalten. Entsprechend schrill wird das auch vermarket.
Das hat alles nichts mit Entspannung und Entschleunigung zu tun, sondern ist Adrenalin pur. Die sogenannte Formel 1 der Segelwelt. Wie sich dies vermarkten lässt (Zielgruppe?) und ob es sich – außer für Teilnehmer -rechnet, ich weiß das nicht. * Jedenfalls ist der mehrtätige Zirkus (Verkaufsbuden, Infostände, Bühnen, Karussells) hier an Land nur mäßig besucht. Aber jeder hat seine Sponsoren, Werbeflächen gibt es ja genug an den Booten.
*Ich habe gerade auf dem Schlengel vernommen, dass dies hauptsächlich medial vermarket wird, an die großen Fernsehanstalten verkauft wird. Die Zielgruppe wären dann die Sofasegler, die sich von zuhause aus wegträumen, aber nie wirklich Wasser gesehen haben. Denen kann dann Urgo (Sponsor) Pflaster verkaufen, oder was die sonst so brauchen.
Das passt ja gerade richtig, beschäftige ich mich aktuell mit dem Gegenteil, und denke über solche Sätze nach, wie:
„In Europa marschieren sie durch den langen Tunnel der Leistung auf wohldefinierte Ziele. Die moderne Horde marschiert im Reih und Glied, von der sozialen Dampfwalze getrieben, die jeden überrollt, der auf dem Standstreifen anhalten will.“ Fatou Diome – Der Bauch des Ozeans
Babylon eben: höher, schneller, weiter, erfolgreicher, reicher und vor allem Gewinner sein. Unserer Kultur kennt kein Scheitern, Fehler begehen und das auch eingestehen sowie ein Entschuldigen nicht.
27.8. – Fecamp
Die Nordküste hat mich wieder.
Etretat: wenn die hier die Steilküste einmal bleichen würden, kann sie genauso fotogen sein, wie auf der anderen Seite des Kanals.
Die Einfahrt von Fecamp kann ich immer bei starken westlichen Winden (bis 8 Bft in der Nacht) bewundern. Letzte Nacht konnte hier wohl keiner richtig schlafen, weil ja leider die Welle bis in das Hafenbecken rollt.
Ich konnte mir es nicht verkneifen, die Tracks der Figaros (La Solitaire-Regatta) anzuschauen. Die sind wirklich in nur 6 Stunden von Le Havre bis östlich der Isle of Wight gesegelt, Durchschnittsgeschwindigkeit 15 bis 16 Knoten. Wir hatten allerdings auch 7 bis 8 Bft. Fünf dieser Boote mussten bereits wegen Bruchs aufgeben, bei 36 Startern finde ich das ganz schön viel.
02.09. – Calais
Nun bin ich wieder in die Nordsee eingebogen. Ganz richtig ist das zwar nicht, weil die offizielle Grenze zwischen Channel und Nordsee etwa 5 Seemeilen östlich von hier verläuft. Für mich ist das aber Nordsee, weil hier die Sandküste mit Sandbänken, Stränden und Dünen beginnt. Und das zieht sich ja bis hinauf nach Skagen.
Relativ zügig im Vergleich zu den davorliegenden Wochen komme ich nun voran. Wind ist meistens schwach und so gab es wieder viele Strecken, die nicht nur unter Segel zu bewältigen waren. Immerhin bin ich 80 Seemeilen weiter. Nun kommt wieder dieser Spätsommer mit Sonne, morgendlichen Dunst oder Nebel und natürlich nordöstlichen Winden. Ich werde mir aber wohl den Spaß gönnen, die Küste aufwärts zu kreuzen. Wenn es dann nicht zu viel Wind gibt. Es geht nämlich immer mit dem Strom und das heißt: Wind gegen Strom.
Die schöne Steilküste kurz vor Le Treport und vom Hafen aus starten sie Ausflugstouren dorthin. Denn das nennen sie alabasterfarbene Steilküste. Ich würde ja eher sagen, wenn sie die einmal bleichen würden, kann sie locker mit Beachy Head oder den 7 Geschwistern mithalten. Für mich sieht das eher vermoost und ungeputzt aus.
Zum Abschied habe ich noch ein paar Bilder vom enormen Tidenhub eingefangen.
Dieppe up und Dieppe down
Und weil es so schön ist. Le Treport mit Wasser und Le Treport ohne Wasser
Le Treport ganz leer
Und auch sonst gab es noch etwas zu entdecken
Wandgemälde
Die Wand hinter den Häusern
Meine amica schwimmt immer noch.
Von Boulogne-sur-mer gibt es diesmal keine Bilder. Auf der relativ kurzen Strecke von 19 Seemeilen hierher durfte ich schon einmal das Kreuzen über, leider musste ich die letzte Stunde den Motor benutzen, der Wind drehte um die Spitze herum immer weiter mit, das ist frustrierend, hatte ich mich doch schon auf einen Anlieger gefreut. Und hier in Calais gibt es ja zum letzten Mal eine Pforte mit Öffnungszeiten. Also dann mal schnell dahin.
Erst noch halben Winds kurz nach dem Start von Boulogne-sur-mer. Viel (Wasser-)Lärm um nichts. Auch wenn es sich anders anhört, ich war nur mit knapp über 3 Kn unterwegs. Mit 2 Bft geht auch nicht mehr, aber zum Glück war der Strom ja mit.
Zur Spitze hin drehte der Wind immer weiter. Das Cap habe ich nicht mehr geschafft und musste bereits davor 2 Kreuzschläge machen.
Und hier geht es weiter Die letzten Meilen