(B)Logbuch Le Havre – Wedel
06. August – Fecamp
Respekt vor diesem Revier ist ja gut, aber ich sollte mich nicht verrückt machen lassen. Da sitze ich in Le Havre und ziehe mir verschiedene Wettervorhersagen rein, werde aber doch nicht schlauer – oder sicherer in der Entscheidung. Die Schwachwindphase scheint vorbei zu sein, aber was kommt wirklich? Winddreher auf Nord und Ost tauchen öfters auf, auch jetzt bei den Gribfiles. Soll ich jetzt schnell nach Nord-Ost und bei Boulogne-sur-mer um die Ecke? Und ab Vlissingen könnte ich ja binnen weiter, wenn es sein muss.
Was ist mit meinen Ideen, nochmal in Saint-Valery-en-Caux oder Saint-Valery-sur-Somme reinzuschauen? Der eine Ort mit einer Schleuse (Zugang HW +/- 2Std), der andere eine lange Strecke durch Sandbänke. Beides hält auf. Oder kurz noch einmal nach England herüber? Und wie sieht die Welle nach vielen Tagen Westwind aus?
In der letzten Nacht in Le Havre gab es bei Hochwasser ein kräftiges Geruckel in den Leinen, weswegen ich zwei Stunden lang keinen Schlaf gefunden habe. Die Dünung machte sich trotz der schützenden Spundwand bemerkbar. Draußen stand wohl eine sehr hohe Welle, trotz abnehmenden Windes, aber die Richtung war Nord-West. Heute haben wir immer noch West, wenn auch nur 3-4 Bft angesagt sind, eigentlich prima Segelwind.
Ich fahre jetzt einfach los. Unterwegs wird es ein paar Videos geben, um alle am Segeln mit amica teilhaben zu lassen.
Der Rudergänger ist schon wieder verschwunden, der muss jetzt filmen.
Abschied von Le Havre, fast schon zur Heimat geworden.
Wellen, die amica in kurze heftige Bewegungen versetzen. Das muss ich jetzt 4 Stunden aushalten.
Beim Cap d’Antifer zieht es mich gewaltig um die Spitze, ein Raz oder wie es in Englisch heißt, race. Bei wenig Wind, einer Fahrt durchs Wasser mit ungefähr 2-4 Knoten zeigt der Plotter SOG bis 9 Knoten an. Alle Achtung.
Etretat, diesmal mit Perspektive aus West. Die Steilküste bei Fecamp im Sonnenschein.
Nach 5 Stunden erreiche ich Fecamp, zum Schluss setzt schon leichter Gegenstrom. In Fecamp werde ich lautstark begrüßt, ein Hamburger der mich mit „Heeee Hamburg“ willkommen heißt. Selbst verlässt er gerade den Hafen auf einen dieser Hightech-Segelgeräte, mit denen man zu rasanten Geschwindigkeiten kommen kann.
Nachts steht bei NW-Wind einmal wieder leichte Dünung in den Hafen hinein. Ich bleibe nur eine Nacht, kenne ja schon alles hier und möchte jetzt doch noch einmal Saint-Valery-en-Caux anlaufen.
07. August – Saint-Valery-en-Caux
Habe ich schon berichtet, dass Wettervorhersagen hier fast stündlich verändert werden? Heute ist das wieder so ein Fall, aber wenigstens stimmte die Ansage für 6 Stunden, das ist nicht immer so. Also angesagt waren WSW 4 später 5 und ab 13 Uhr Regen. Gut der Regen (meist Sprühregen, was anderes gibt es in dieser Gegend nicht) kam erst um 13.45, aber so genau nehmen wir das ja nicht. Alles andere war perfekt: Achterlicher Wind, nur mit Kreuzfock und den kräftigen Strom im Rücken, so habe ich die 15 sm in 2 Stunden geschafft. Der Sprühregen stört mich nicht.
Im Hafen gibt es einen hervorragenden Service: ein Begleitboot bis zu einem für mich speziellen Liegeplatz. Im Hafenbüro bekomme ich gleich eine ganze Sammelmappe mit wichtigen Informationen. Und alle bedanken sich immer (merci), obwohl ich mich doch bedanken müsste. Oder habe ich da was falsch verstanden?
Dieser Teil der Nordküste von Frankreich ist aktuell fast ausschließlich in niederländischer Hand. Jeder Hafen ist jetzt voll, das war auf dem Hinweg nicht so. In jedem Hafen treffe ich vielfach immer dieselben Boote wieder, sie fahren wohl alle nach Hause. Auch vor der Küste ist jetzt viel Bewegung in Nord-Ost-Richtung. Ich bin nicht mehr allein auf dem Wasser! Bilder gibt es heute keine, es war zu feucht.
08. August – Saint-Valery-en-Caux
Jetzt gleich 2 Tage in Saint-Valery-en-Caux! Kein Zeitdruck, hier ist das schöne Frankreich zu sehen. Das andere Valery an der Somme ist aber leider gestrichen, dafür sinken die Coeffs zu schnell, es geht auf Nipptide zu. Der Unterschied macht hier mal schnell 2 bis 3 Meter aus. Da fehlt denn das Wasser in der Somme-Bucht.
Heute haben wir mal wieder schönes Wetter und das Klima ist inzwischen auch erträglich, nicht immer diese total feuchte Luft. Nur das Meer spielt heute nicht mit, der Meereszustand wurde auf meteofrance mit agitée beschrieben – und dem war auch so, wie ich mich an der Hafeneinfahrt überzeugen konnte. Dabei waren nur 5 Bft angesagt und dann gleich 1,5 m See mit Spitzen bis zu 2,5 m, nee, das muss nicht sein.
Dafür zeige ich hier ein paar schöne Ecken von Saint-Valery-en-Caux.
Der Hafen ist beachtlich groß und liegt hinter einem Sperrwerk, nur bei Hochwasser geht der Schwell von draußen durch Spülschleuse und Sperrwerk hindurch und es ruckt ganz schön in den Leinen.
Vor dem Sperrwerk sieht es bei Niedrigwasser doch extrem trocken aus. Das Bild rechts zeigt die Spülschleuse und auf der rechten Seite des Bildes die Durchfahrt zum Hafen. Einmal wieder kann man hier die Notwendigkeit dieser Tore erkennen, ohne die geht an dieser Küste gar nichts.
Ich könnte hier unendlich viel fotografieren, jede Ecke ist spannend, hat etwas typisches Französisches.
Selbst die Stadtparlamentarier haben es hier gut, wie überall ‘residieren’ sie in einem Hotel (Hotel de Ville). – schmunzel –
Nur den Dornhaien geht es hier nicht so gut. Am Ende der Nahrungskette stehend sollten sie eigentlich nicht zum Verkauf angeboten werden. Auf der Roten Liste sind sie sowieso.
Bei Fisch fallen mir die Fischer ein:
An fast jeder Hafeneinfahrt steht hier ein Jesuskreuz, meist nicht gerade klein. Sie sind zum Gedenken an die auf See Verschollenen errichtet. Hier konnte ich zum ersten Male erleben, dass insbesondere ältere Fischer sich beim Verlassen des Hafens im Angesicht des Jesus bekreuzigen. Frankreich ist ja katholisch und es bleiben wohl immer noch jedes Jahr Fischer auf dem Meer. In den Kirchen werden sie dann namentlich aufgeführt.
Das macht dann doch nachdenklich, die Küsten der Normandie und der Bretagne sind nicht ohne. Besonders denke ich da an die Wintermonate, aber es gehen sicher auch manchmal zu anderen Jahreszeiten Stürme durch den Kanal.
11. August – Dieppe
Gestern hatten wir auf Nord bis Nordost drehende Winde, heute ist bei westlichen Winden die 6 Bft dabei und das Meer mit agitee (bis 3 m) eingestuft, morgen nimmt es langsam ab auf 5 Bft, aber draußen immer noch agitee, so komme ich wohl erst Samstag weiter. Der Trip bis Boulogne-sur Mer hat immerhin 51 sm, das kann man gerade so mit einer Tide schaffen. Momentan haben wir zudem Nipp, so kann ich auch einmal bei 1 – 2 Knoten Strom gegenan fahren, bei Spring erreicht er hier 3 Knoten.
Nach Boulogne-sur-Mer endet sowieso das schöne Frankreich. Da will ich schneller durch, sieht auch wettermäßig so aus, dass ich dann in ein paar Tagen nach Vlissingen komme. Ab da gibt es immer die Option, binnen weiterzufahren.
Dieppe ist interessant, so finde ich erneut etwas zu entdecken.
Mich faszinieren hier die Wolken, leicht bewölkter Himmel war angesagt. Wo kommen die nur her?
Passend dazu diese Bilder, die ich an der Rettungsstation auf der Mole abfotografieren konnte. Hier wird es doch ab und zu ganz schön rau.
Ja, und auch auf der Mole scheint es manchmal ungemütlich zu werden.
Und immer wieder schöne Ecken.
Dieppe – Extra
Wenn die See mit ‘agitee’ angesagt ist, dann geht unsereiner gerne auf irgendeine Mole oder zum Strand, um sich dies anzuschauen. Und hier gibt es für die Seerichtung eine genau passende Mole. Zwar war nicht direkt auflandiger Wind, aber es zog an der Küste entlang. Und was denn da zu sehen war, möchte ich euch zeigen.
Wasserspiele
14. August – Boulogne-sur-Mer
In Dieppe schläft noch alles, jedenfalls ist es um 6 Uhr sehr still, nur die Fischer müssen diese Stille beim Anlanden ihres Fangs stören. Auch in der Zentrale von Dieppe Port ist schon jemand, den man aber nicht sieht und nur hört, wenn man in kontaktiert. Hier muss das zwar nicht sein, aber ich melde mich trotzdem für den Weg zum Hafenausgang. Wie immer nett, auch in Englisch.
Sonnenaufgang um 6.40 Uhr, da bin ich schon unter Segel. Die Sonne scheint auch noch sehr verschlafen zu sein, sie kommt kaum über die Steilküste hoch und verschwindet gleich wieder in den Wolken, – hat sich also noch einmal umgedreht -.
Dafür schenkt sie dem Himmel aber eine schöne Illumination. Fast wie gemalt.
Ich fahre so früh los, weil der Weg nach Boulogne-sur-Mer doch ziemlich lang ist und die Strömung nur noch bis 11 Uhr mitläuft. Die Windrichtung ist mit WSW optimal, zu Beginn ist kaum Wind vorhanden. So lasse ich den Motor noch 2 Stunden laufen, bis amica endlich mit Windantrieb auf über 3 Knoten kommt. Dünung von gestern rollt noch, aber nicht weiter wild. Die nächsten Stunden habe ich viel Muße. Die Pacific wird wieder eingehängt und ich widme mich allen möglich Betrachtungen und Perspektiven. So sieht das denn aus.
Und wenig später bei etwas mehr Wind das Ganze noch einmal. Achtet auf die Speedoanzeige, ganz locker über 5,5 Knoten, fast schon Rumpfgeschwindigkeit.
Gegen Ende der Tour legt der Wind wieder auf 5 Bft zu, mit einigen Böen drauf. Ein Reff fahre ich schon länger, um der Pacifik die Arbeit zu erleichtern. Bei raumen Wind und entsprechender See dreht sich amica doch zu schnell nach Luv, dann knirscht es gewaltig in den Steuerleinen, weil der Ruderdruck so enorm wird. Mit einen Reff ist gleich alles viel besser.
Die letzte Stunde fährt amica nur noch unter Kreuzfock mit immerhin deutlich über 5 Knoten Fahrt. Wir haben hier jetzt eindeutig wieder eine Wind-gegen-Strom-Situation. Direkt vor der Einfahrt von Boulogne ist es genauso wie auf dem Hinweg. Die Seen kommen von allen Seiten und manchmal gibt es dann auch Spitzen, ich sag lieber nichts über die Wellenhöhe, bisher war alles trocken an Deck, nun nicht mehr. Nur der Cockpitbereich bleibt irgendwie verschont. Kurz nach der Einfahrt schaffe ich sogar noch meinen Funkspruch, der hier vorgeschrieben ist. Warum, weiß vermutlich niemand, Fähren fahren hier schon länger nicht mehr und sonst ist hier außer Sportschifffahrt und kleinerer Fischerboote nichts los. Der Kanal zum Hafen ist eigentlich breit genug. Gegen 18 Uhr lege ich an.
Ich habe mich so sehr an die Bewegungen – den hüpfenden Korken – von amica gewöhnt, dass es heute an Land echt unruhig wird. Gut, dass man sich auf Klo festhalten muss, kannte ich schon, aber das der Wasserstrahl der Dusche immer an mir vorbei will, das war mir so neu. Zum Schluss schaffe ich es, durch seitliches Abstützen das Nass zielgenau rieseln zu lassen.
Jetzt heißt es erst einmal ausruhen. Der Wind hat jetzt sowieso Nord und ich werde warten, bis er auf Ost gedreht hat. Bis Calais ist das prima machbar, dann bitte muss was anderes her.
16. August – Boulogne-sur-mer
Es ist nicht zu glauben, auf dem Hinweg immer Südwest und jetzt hänge ich hier wegen Nordost fest! Gerade da oben an der Spitze zwischen Cap Gris Nez und Dover gibt es eine Düse, die den Wind von 4 Bft einmal schnell auf 6 Bft erhöht. Danach in Richtung Dunkerque wird es wieder besser. Bin wohl zu spät hier vor der Spitze angekommen, oben hätte ich jetzt schön weiter segeln können. Spätestens aber ab Donnerstag soll der Wind sich wieder drehen, vielleicht ist ja schon morgen was drin. Hier kann man ja auch schön Shoppen gehen, nur Petroleum haben sie hier nicht, jedenfalls nicht das supereine Petroleum zum Kochen. Gibt es aber in Belgien.
Das mittelalterliche Zentrum von Boulogne-sur-mer.
18. August – Dunkerque
Nach Calais
Hafenmole Boulogne-sur-mer
Es hilft nichts, manchmal muss man eben kreuzen, der Wind hat sich für länger auf NE bis E entschieden. Ich habe mir eine Zeitspanne mit weniger Wind ausgesucht, max. 3-4 Bft. Momentan geht es wieder auf Spring zu, deshalb kann ich an der Ecke von Cap Gris Nez noch einmal gute Stromsee genießen. Der Wind weht mit eher 3 Bft, dafür ist die See an der Ecke bis 2 m hoch, aber alles locker, so lang, dass amica da prima reinpasst. Es geht halt nur rauf und runter, wie ein Korken eben. Immerhin bin ich der einzige Segler, der dort kreuzt, andere machen dies nur mit Maschine. Das sieht aber nicht sehr gemütlich aus und die knallen ganz schon durch die See.
Vor Calais immer ein Funkspruch und eine kurze Wartezeit, bis die permition kommt, die Erlaubnis, durch das Fährbecken zu fahren. Weitere Anweisungen an amica folgen über Funk, so zum Beispiel eine Info, wann die Brücke zum Yachthafen aufmacht. Echt nett. Die Marina ist immer noch Baustelle, 2017 wird er wohl fertig sein, dann kann es hier ganz nett aussehen. Wie auf den Hinweg werden hier alle Papiere kontrolliert, gescannt und abgespeichert.
Auf dem Weg von Calais nach Dunkerque gibt es auch noch einmal leichte See bis 1m, obwohl das hier schon eher mit Elbe vor Brunsbüttel vergleichbar ist. Kurze Seen bei 3 Knoten Strom, erst kein Wind und zum Schluss dann bis 4 Bft, meist eher 3 Bft. Mit Fahrt durchs Wasser war nicht viel, amica stampft sich fest und so muss ich mein eigentliches Ziel Nieuwpoort streichen. Na gut, morgen geht es wohl auch noch, bevor hier eine kräftige Störung für 2 -3 Tage Starkwind erzeugt.
19. August – Nieuwpoort
Juchu, es regnet wieder normal, nicht dieser merkwürdige Pieselkram wie in Frankreich. Ja, da fällt mir ein, dass der letzte normale Regen, also mit echte Regentropfen, auch hier in Nieuwpoort gefallen ist. So brauche ich jedenfalls heute nicht das Boot putzen.
Aber noch einmal etwas anderes. Auf dem Weg von Dieppe noch Boulogne-sur-mur habe ich von Dover Coast Guard eine Securite-Meldung gehört, die ich nicht glauben konnte, beziehungsweise angenommen hatte, dass ich sie nicht richtig verstanden habe. Nun gab es heute wieder so eine Meldung. Ein Crosschannelswimmer ist unterwegs. Und was mich dann noch mehr erstaunte, die Berufsschifffahrt wurde aufgefordert aufzustoppen oder den Kurs zu ändern, alles geregelt über Dover Coast Guard. Naja, ein Schwimmer kann wohl schlecht ausweichen, auch wenn die die Strecke in 9 bis 13 Stunden schaffen.
Und das spielt sich zwischen Dover und dem Cap Gris Nez ab, einer der meist befahrenen Routen. Ich habe das mal schnell im Internet überprüft, es gibt eine Seite der channelswimmingassociation, auf der per Lifetrack die Position des Schwimmers bzw. des Begleitbootes zu sehen ist. Heute ist einer both way unterwegs, erst nach Frankreich und jetzt auf dem Rückweg. Alle Achtung. Und das die hier crossschimmen, geht schon eine ganze Zeit so, sicher so an die 20 Querungen in diesem Jahr.
Auf dem Weg hierher nach Nieuwpoort kreuzt eine Horde große Tümmler (eine Unterart der Delfine) meinen Kurs, geschätzt sind es an die 10 Stück. Ich kann es nicht glauben, die sehen wirklich wie Delfine aus und haben auch eine beachtliche Größe, bis ca. 1,5 m. Auch das habe ich mal schnell gegoogelt. Es stimmt, vor Belgiens Küste sind diese Tümmler – nicht zu verwechseln mit den kleinen Tümmlern von der Ostsee – im Bereich von 20 m Wassertiefe häufig anzutreffen und treten immer in Rudeln auf. Nur wollen sie leider nicht fotogen um amica herumspielen, sondern ziehen ihres Weges. Also leider kein Foto.
23. August – Blankenberge
Ich erlebe gerade ein Kontrastprogamm. In Nieuwpoort muss ich 3 Tage bleiben, wir haben hier das erste Mal richtigen Starkwind bis stürmischen Wind. Draußen zwischen Belgien und England liegt das Feuerschiff F3, die Windmeldungen sind über 2 Tage konstant bei 7-8 Bft und in Spitzen 9 Bft. Hier unter Land ist das natürlich weniger, aber immerhin ein guter Sound in den Wanten.
Heute auf dem Weg nach Blankenberge ist der Wind wie abgestellt, unter Motor geht es erst einmal bis Oostende. Ab dort kann ich mit großer Besegelung (Genua und Groß) die restlichen 10 Seemeilen gegen Strom bis Blankenberge segeln. Und es wird langsam immer wärmer. Für die nächsten Tage mache ich schon Hitzeplanungen. Wann geh ich nach Binnen? Ab wenn wird es wieder kühler? Ich habe keine Lust, bei 30 Grad und mehr durch die Kanäle bis Amsterdam zu fahren. Im Scheldedelta mag das ja alles noch gehen, sofern Wind weht. Eventuell bleibe ich 1 oder 2 Tage dort. Draußen dreht der Wind wieder ungünstig auf Nord und nimmt zu. Das segle ich dann doch lieber auf dem Ijsselmeer ab.
Abschied von Nieuwpoort mit dem typischen Hafenambiente.
28. August – Durgerdam (Kurzmeldung)
In 33 Stunden unter Motor von Vlissingen bis hier kurz nach Amsterdam, da sind auch 122 Seemeilen und ich bin jetzt im Ijsselmehr. Morgen gibt es mehr Infos und Bilder.
29. Durgerdam (Rückblick)
Heute habe ich mir nach diesen anstrengenden Tagen durch die Kanäle Ausschlafen gegönnt. Seit Blankenberge gab es bis gestern früh (Gewitter und Regen) nur Sonnenschein. Temperaturen an die 30 Grad sind ja das Eine, aber dann noch 10 Stunden Sonne pur auf den Kopf, wer kann das aushalten. In Blankenberge habe ich lange überlegt, ob ich nicht lieber auf der Nordsee bleiben sollte, doch die angesagten geringen Temperaturunterschiede bringen das nun auch nicht. Außerdem sollte der Wind ziemlich schnell auf nördliche Richtungen drehen und kreuzen wollte ich nicht, dazu sind mir die Strecken zu lang.
Auf dem Weg von Blankenberge nach Vlissingen hat mir die Windsteueranlage sehr geholfen. Ich konnte mich in den Schatten unter Deck verziehen und ließ das Boot allein segeln. Ab und zu einen Rundumblick wagen, unter Deck dann weiter Kaffee trinken und die Route gegen Strom überlegen. Ein schöner Anlieger bei Wind aus SE (der letzte Tag mit dieser Windrichtung), also glattes Wasser, brachte mich bis kurz vor Vlissingen.
Die Westerschelde kennt auch Schifffahrt und aus was für kleinen Nebenfahrwassern von Nord die hier einbiegen, schon erstaunlich. Diese Rinnen sind aber tief, wie ein Blick in die Karte zeigte. Abends in Vlissingen, hinter der Schleuse beim VVW Schelde wehte zwar noch ein wenig Wind, doch vor 9 Uhr lohnte das Duschen nicht.
Die größeren Boote in Vlissingen
Am nächsten Tag geht nun das Motorbootfahren los, zunächst durch Walcheren,
Kanalfahrt bis Middelburg Brücke in Middelburg
Veersemeer und die Oosterschelde und Keeten bis Bruinisse, wo ich einen Zwischenstopp einlege. Für hier drinnen habe ich nur den Plotter und wie auf dem Hinweg schaffe ich es wieder, den Grund zu testen. Ist nicht schlimm, es ist ja alles weich hier, nur zu weit außerhalb des Tonnenstriches sollte man doch nicht fahren.
Wetterlage: heiß, wolkenlos und null Wind.
Deshalb nehme ich von Bruinisse früh am nächsten Morgen die ersten Schleuse und es geht weiter über das Volkerak und Hellegat ins Hollandsch Diep bis zum Kanal nach Dortrecht.
Kurz vorher einmal Einfahrtsmolen in anderen Dimension, niedlich!
Interessante Brücken bei Dordrecht.
Da mache ich eine Übernachtung und tags drauf geht es erneut ganz früh los, der Tag soll erneut heiß werden bis 33 Grad. Ab hier diktieren die Brücken- und Schleusenöffnungszeiten die Fahrt.
An Rotterdam östlich vorbei und die Ijssel hoch bis Gouda. Dort eine Stunde Pause zwischen Schleuse und Bahn.
Vielfach zu bewundern ist das Wohnen am Wasser an der Ijssel mit Wasserliegeplatz.
Bis Alphen aan den Rijn gibt es mehrere dieser Brücken.
Nördlich von diesem Ort wird es extrem voll, ich muss immer wieder Mut zur Lücke beweisen und dazu kachelt es jetzt mit Ost 6-7. Der nächste Hafen für mich heißt Kaag, auf dem Weg um Amsterdam herum durch Haarlem. Amsterdam ist wegen defekter Brücken gesperrt und weiter geht es nicht, weil die Eisenbahnbrücke der Strecke Amsterdam-Rotterdam nur wenige Öffnungszeiten hat.
Und in Haarlem lebt man traditionell auf modernen Hausbooten.
Überhaupt überrascht mich Haarlem positiv, eine nette Stadt mit natürlich vielen Brücken, für die man gerne einmal 10 € bezahlt. Sonst sind ja fast alle Schleusen und Brücken umsonst.
Der Weg durch Amsterdam stinkt wesentlich mehr als Dunkerque und vom Noordzeekanaal aus kann man kein schönes Amsterdam sehen. Aus der Marina Amsterdam werde ich gleich wieder verjagt, die wollen keine Gäste, weil hier demnächst eine Bootsschau standfinden soll!!!? Platz für eine Nacht gibt es sicher genug, aber ich bin denen wohl nicht „edel“ genug.
Na gut, dann eben gleich wieder raus aus den Kanal ins Ijsselmeer, auch Sixhaven ist mir zu laut und sieht sehr voll aus. Das alles bei 6 Bft, was das Schleusen nicht gerade witzig macht. Gleich nach den Oranjesluizen gibt es ja diesen netten Hafen, Durgerdam.
Ein Fazit der Kanalfahrt Teil 1, der südlichen Staande Mastroute: Ja kann man machen, doch das Warten vor Brücken und Schleusen nervt auf die Dauer. Gefühlt habe ich damit die meiste Zeit zugebracht. Insbesondere Spoorbruggen (Eisenbahnbrücken) habe nur wenige Öffnungszeiten am Tage, da kann man dann mal locker 4 Stunden warten, wenn man die Zeit verpasst hat. Ist mir zum Glück nicht passiert. Zwischendurch ordentlich Gas geben hilft da weiter und ordentlich navigieren nach den Öffnungszeiten. Was für eine Navigation!!
Aber noch einmal werde ich diese Strecke wohl nicht machen, ob ich nun draußen ein paar Tage in Häfen abwettern muss oder mir hier Schrammen ans Boot fahre – Böen in Schleusen sind einhand kaum zu bewältigen – , dann doch lieber an der Nordsee bleiben und vielleicht auch einmal ein Nachttörn wagen, um Strecke zu schaffen.
Pays-Bas, wie in französischer Sprache die Niederlande genannt werden, ja, das stimmt wirklich. Dieses Land liegt stellenweise weit unter dem Wasserspiegel, insbesondere südlich von Haarlem ist mir dies aufgefallen. Hier sollte kein Kanal ein Leck haben, das ging hier gut 10 m runter auf die Weiden.
30. August – Stavoren
Habe gerade in 7 Stunden das Ijsselmeer durchsegelt, mit Übernachtung in Enkhuizen, das heißt, die letzte Stunde musste ich mal wieder den Motor benutzen. Dieser Wechsel zwischen null Wind und 3 Bft aus Süd war ganz schön nervig. Als die Perioden mit Null öfters auftraten, musste der Motor ran. Hier in Stavoren werde ich jetzt keine Bavaria 30 suchen, wenn die mal überhaupt da ist (Das Boot von “Ihr-wisst-schon-wen”).
Kurze Aufzählung über das Segeln in Holland:
Das Schelde-Delta und das Ijsselmeer mögen wunderschöne Segelreviere im Frühjahr und im Herbst sein, im Sommer vielleicht bei schlechtem Wetter. Aber wenn die Sonne scheint, ist hier einfach zu viel los.
• Grundsätzlich steuern hier alle immer auf amica los, freuen sich dabei und winken.
• Auf den kleineren Seen muss man immer Mut zur Lücke haben.
• Auch wenn es Ausweichregeln gibt, darauf verlassen sollte man sich nie.
• Wenn man Hoch-am-Wind-Kurs segelt, wäre es für eine Entgegenkommer ein Leichtes, ein Stücken abzufallen oder in Luv zu passieren. Aber nein, man wird zur Wende gezwungen oder muss immer weiter nach Lee weg. Gute Seemannschaft ist das nicht, gerade wenn da genug Platz ist.
• In Schleusen ganz nach vorne fahren, beherrschen nicht sehr viele. Dann liegt man hinten im 3er-Päckchen und vorne ist noch Platz.
• In Häfen gilt manchmal, wer zuerst kommt, kriegt die besten Liegeplätze, also Gashebel auf den Tisch und durch bis zum Meldesteiger.
Morgen habe ich noch die Friese Meeren vor mir, bis es ab Leeuwarden wieder friedlicher wird. Ach und diese Ijsselmeerfliegen gibt es wohl immer, musste gerade welche aus meiner Nase puhlen.
3. September – Delfzijl
So, nun hat die Kanalfahrt ein Ende und jetzt kommen wieder die ostfriesischen Inseln. Was ist noch zu sagen über die Niederlande?
Wegen der Mücken in Stavoren (also sind sicher auch die Friese Meeren, die große Süßwasserzone in Friesland, verseucht.) habe ich den Weg über Kornwerdersand, Harlingen (Übernachtung) nach Leeuwarden gewählt, dann wie schon auf den Hinweg über Dokkum (Übernachtung) und das Lauwersmeer nach Groningen (Übernachtung) und Delfzijl. Dieser Teil der Staande Mastroute ist wesentlich angenehmer zu befahren und hält auch nicht so auf.
Meine Favoriten an Binnenhäfen sind Harlingen, Enkhuizen und Delfzijl.
Außen an der Küste finde ich es aber eindeutig schöner, die Inseln sowieso und auch Den Helder, Ijmuiden und Scheveningen.
Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt hier nicht. In Erinnerung habe ich einen Niederländer, der in Frankreich etwas abfällig meinte, die Hafenbewirtschaftung dort wäre nicht effektiv. Zu viel Personal. Ja, hier in den Häfen ist es genauso teuer wie Frankreich, aber kaum ein Hafenmeister zu finden, also erst recht keine zwei Leute oder mehr. Ich könnte jetzt lästern, das lassen wir mal, vielleicht später. Man nennt dieses effektive Modell ja geschäftstüchtig, kostendeckend ist es sicher genau so wenig, nur abschreckend.
Von Vlissingen bis Delfzijl sind es 246 sm, dafür habe ich 9 Tage gebraucht, Das war nicht unbedingt nötig, draußen wäre ich trotz einiger Hafentage schneller unterwegs gewesen.
Und ich kann kein Grün mehr sehen! Ich brauche Blau!!!! Und Sand. Und Felsen.
5. September – Borkum
So, jetzt bin ich wieder in Deutschland. Norderney war heute nicht möglich. Immer gegen Strom klappt das nur bei kräftigem Wind aus westlichen Richtungen, schließlich müsste ich ja zwei weit auseinanderliegende Wattenhochs schaffen (Osterems und Memmert). Und dazwischen strömt es fast nur gegenan.
Jetzt geht es wieder gemütlich durchs Watt, ich habe es ja nicht so eilig. Mitte September will ich in Wedel sein, das wird auch genau passen. Dies ist wahrscheinlich die letzte Meldung, verlässliche Internetzugänge auf den ostfriesischen Inseln gibt es kaum.
Letzte Impressionen auf den Weg bis Wangerooge – Wattsegeln
Von Wangerooge nach Cuxhaven nutze ich noch einmal meine Windsteueranlage, um mich unterwegs für 20 Minuten (Wecker gestellt) schlafen zu legen. Aber die Entgegenkommer sind mir doch zu schnell da, so bleibe ich lieber im Cockpit, obwohl es unter Deck doch recht gemütlich ist und ich wirklich eingenickt bin.
10. September – Cuxhaven
Geschafft!! Juchhu!! Ich bin wieder auf der Elbe!!!
Um 16.07 die Kugelbake passiert. Ja, wir haben es geschafft. Amica ist ein tolles Boot und kann echt was ab. Ich habe jetzt großes Vertrauen in die Seetauglichkeit von amica. Ein langer Törn geht zu Ende, auch wenn es noch nicht ganz zuhause ist, sondern nur Cuxhaven. Aber auf der Elbe sein ist fast wie in Wedel anlegen. Ich bekomme morgen noch einmal Besuch von Barbara. Morgen Abend will auch Matthias mit seiner Geronimo von Helgoland zurückkommen
13. September – Wedel
Heute ist nun die Reise um 15.30 Uhr mit Ankunft in Wedel zu Ende gegangen. Die letzten zwei Tage geleitete mich das Waarschip Geronimo die Elbe hoch.